21. Landesgala am Tag der ungarndeutschen Selbstverwaltungen

Die „entscheidende Rolle“ der Ungarndeutschen in den deutsch-ungarischen Beziehungen würdigte in seiner Festrede der Schirmherr der Veranstaltung, Parlamentsvizepräsident Gergely Gulyás, der die hiesigen Deutschen als „Urnationalität“ bezeichnete, die seit tausend Jahren Ungarn bereicherten.

Identität erleben und weitergeben – Im Gespräch mit Schauspielerin Szandra Holczinger

Szandra HolczingerSzandra Holczinger (Foto) wurde 1990 in Pápa geboren und stammt aus Sitsch/Bakonyszűcs. Sie ist in der Mundart aufgewachsen und war Schülerin des László-Lovassy-Gymnasiums Wesprim. Von 2010 – 2013 besuchte sie die Schauspielschule Gór-Nagy Mária und absolvierte auch an der Apor-Vilmos-Hochschule in Waitzen das Fach deutsche Nationalitätenkindergartenpädagogin. Ihre Diplomarbeit schrieb sie über ihr Heimatdorf Sitsch, auch um die Traditionen und Bräuche ihrer unmittelbaren Heimat zu dokumentieren. Zur Zeit ist die bekennende Ungarndeutsche BA-Studentin an der Loránd-Eötvös-Universität in Budapest und studiert Deutsch als Nationalitätenfach, zugleich ist sie Mitglied des Attila-József-Theaters in Budapest und des Veres 1 Theaters in Veresegyháza. Über ihre Laufbahn und Herzensangelegenheiten – die Beschäftigung mit der deutschen Sprache, mit Kindern und der Schauspielkunst – sprach NZ mit ihr.

Liebe Frau Holczinger, als Diplomthema haben Sie Ihr Heimatdorf gewählt. Welches Verhältnis haben Sie zu Sitsch?

Sitsch ist mein Heimatort, ich bin da aufgewachsen. Meine Vorfahren sind alle in Sitsch geboren. Ich habe ein ganz enges Verhältnis zu diesem Dorf, weil ich meine Kindheit dort verbracht habe, meine Oma und meine Eltern leben auch heute dort. Als ich weitergelernt habe, habe ich das Gymnasium in Wesprim besucht und wohnte in einem Schülerwohnheim. Zu der Zeit konnte ich nicht mehr so oft nach Sitsch heimfahren. Die Kultur, die Sprache, das Zuhause bedeuten mir Sitsch.

Welche Erinnerungen haben Sie an das Lovassy-Gymnasium?

Am Lovassy-Gymnasium habe ich den Deutschen Nationalitätenklassenzug besucht. Ich war Mitglied im Schulchor und im Deutschen Nationalitätenchor. Wir waren ganz oft in Deutschland und traten dort auf. Ich hatte tolle LehrerInnen, einige auch aus Deutschland, somit konnte ich meine Sprachkenntnisse leicht erweitern. Ganz viele Freunde habe ich bis heute, die ich am Gymnasium kennen gelernt habe.

Wie kam es dazu, dass Sie den Schauspielerberuf gewählt haben?

Ich wollte Sportlerin werden, aber ich habe eine Verletzung abgekriegt während eines Wettbewerbs, und so war ich auf der Suche nach einem anderen Hobby. Musik war immer dabei, mit sieben Jahren habe ich schon die Musikschule besucht, da habe ich Klavierspielen gelernt. Später in der Musikschule in Wesprim kam der Gesang hinzu. Daneben waren meine Lieblingsfächer Deutsch und Heimatkunde. Die deutsche Sprache war mir immer sehr wichtig, aber ich mochte auch sehr das Fach ungarische Literatur. Am Gymnasium sollte es am Holocaust-Erinnerungstag eine Aufführung geben, unsere Literaturlehrerin hatte vor, das Leben von Anna Frank auf die Bühne zu bringen. Sie bat mich, die Hauptrolle zu übernehmen. Mit der Aufführung hatten wir Erfolg und meine LehrerInnen haben mich ermuntert, mich in Richtung Schauspielkunst zu orientieren. So habe ich am Theaterstudio Mária Gór-Nagy die Aufnahmeprüfung gemacht und bestanden.

An der ELTE studieren Sie zur Zeit Deutsch als Nationalitätenfach…

Ich finde die Schauspielerei ist sehr schön, aber auch ein bisschen unsicher, und ich wollte mit der deutschen Sprache auch unbedingt noch etwas anfangen. Ich möchte die Kultur und die Sprache meiner Oma bewahren. Ich habe früher auch Forschungen gemacht, ganz viele Aufnahmen habe ich aufgezeichnet mit älteren Menschen aus meinem Heimatort, und diese möchte ich unbedingt verarbeiten. Hierfür ist das BA-Studium der Deutschen Nationalitätenfachrichtung hervorragend geeignet.

Sie sind auch in der Mundart aufgewachsen, welches Verhältnis haben Sie zur Sprache?

Meine Mutter ist Ungarin und kann Deutsch nicht so gut, sie versteht zwar viel, spricht jedoch ungarisch. Ich bin in einer Familie mit drei Generationen aufgewachsen, und Oma und Opa väterlicherseits haben immer in der Mundart gesprochen. Sie haben gedacht, dass wir es nicht verstehen, geheime Sachen untereinander besprachen sie immer in der Mundart. Ich verstehe ganz viel in Sitscher Dialekt. Ich kann Geschichten, Verse, Reime, Lieder in der Mundart vortragen, war auch bei Rezitationswettbewerben dabei. Mit der Oma haben wir abends auch immer in der Mundart gebetet. Diese Texte möchte ich später auch meinen Kindern weitergeben.

Inwieweit kümmert sich die heutige Jugend um die Mundart, um das Ungarndeutschtum?

Ich glaube, diese Generation kümmert sich weniger um die Sprache und Kultur. Leider gibt es nur sehr wenig Jugendliche, die die Traditionen bewahren möchten. Sie finden es langweilig und unnütz, und so können sie diese Identität nicht erleben und weitergeben. Nur einige, ein enger Kreis beschäftigt sich mit solchen Themen. Die Welt verändert sich zu schnell, wir hören Musik auf Englisch und folgen den amerikanischen Stars. Wir tragen Jeanshosen und sprechen ungarisch, was ich sehr schade finde, denn diese ungarndeutschen Dörfer und diese Sprache, die wir auf den Weg bekommen haben, wird somit später leider verschwinden. Dies fände ich einfach zu traurig.

Die ganze Welt ist eine Bühne, in diesem Sinne hielten Sie unlängst einen Workshop für Kinder beim OÁTV-Lager in Velence (NZjunior 48/2016). Was ist Ihnen wichtig, jungen Zuschauern zu vermitteln?

Wir spielen im Leben auch immer eine Rolle, anders ist es, wenn ich zu meiner Mutter spreche oder zu einem Polizisten oder zum Direktor: wir verhalten uns immer anders. Das Interview ist auch eine andere Rolle, was den Interviewten und die Person des Interviewers betrifft. Ich spiele im Theater ganz viele Rollen, manchmal Haupt-, manchmal Nebenrollen. Die meisten Aufführungen sind für Kinder: Volksmärchen, Kinderstücke. Ich möchte ihr Interesse für das Theater, die Rollen und das Leben wecken. Mit Kindern beschäftige ich mich sehr gerne, habe auch deswegen die Kindergärtnerinnenausbildung gewählt. Aber ich suche noch meinen Weg, ich möchte mich unbedingt mit der deutschen Sprache, unserer Kultur und dem Schauspiel beschäftigen.

A.K.

  

Aus dem Inhalt

 

Jahre der Jubiläen

„Wir sind im vergangenen Jahr wieder einige Schritte vorangekommen: Unsere Organisationen konnten mit erhöhten staatlichen Fördermitteln arbeiten. Es gab wichtige institutionelle und inhaltliche Entwicklungen im weiteren Ausbau eines selbstverwalteten Schulnetzes, gute Kooperationen mit unserem Mutterland und mit deutschen Minderheiten in Europa. Wir konnten unser Theater renovieren, mit der Erneuerung unseres Jugendlagers beginnen und am Jahresende gab es auch wichtige Weichenstellungen bei der geplanten Errichtung einer ständigen Ausstellung über die Verschleppung und Vertreibung.“ Dies schreibt im Neujahrsgruß Otto Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen.

 

Grenzüberschreitende Silvesterfeier in Harkau

Bereits zum 14. Mal wurde heuer die grenzüberschreitende Silvesterfeier der beiden Nachbarorte Harkau und Neckenmarkt (Burgenland) veranstaltet. Seit 2006 treffen sich die Bewohner immer am Jahresende an der Grenze und feiern gemeinsam Silvester. An der Grenze wurden die Feiernden von der Harkauer Blaskapelle empfangen und anschließend hat Bürgermeister Károly Szabó über die gemeinsame Geschichte der beiden Orte erzählt.

 

Blickpunkt 2016 – Bilder eines Fotowettbewerbs

Seit 2008 wird der „Blickpunkt – Wettbewerb der Bilder“ jedes Jahr ausgeschrieben. Der Band Blickpunkt 2016 enthält eine Auswahl von 100 eingesandten Fotos der ersten fünf Jahre. Was ist besonders an diesen Fotos der uns so bekannten Gesichter? Den Amateurfotografen, dem Band und natürlich Monika Ambach, die ihn zusammengestellt hat, gelingt es, eine Atmosphäre der Vertrautheit zu schaffen, die den Modellen die Möglichkeit gibt, ihr Innerstes ohne Scheu vor dem Publikum zu entfalten. So zeigen die Bilder oft eine ungewöhnliche Intimität – einen Blick in die Seele der Menschen, die sich ihm anvertrauen. Damit kann diese Zusammenstellung auch der Falle entgehen, lediglich ein Inventar zu sein, das etwas Vergangenes, nicht mehr Anwesendes, Lebendiges der Nachwelt bewahren möchte. Nein, es ist viel mehr! Nicht nur Momentaufnahmen aus der Vergangenheit und Gegenwart einer Minderheit in Europa, sondern auch ein „Gemeinsames Fest der zahlreichen, kleinen, wahren Freuden“ – so Eva Mayer, Mitglied der Jury in ihrem Vorwort.

 

Joschi Ament mit dem Preis „Für das Ungarndeutschtum im Komitat Bekesch“ ausgezeichnet

Den Preis „Für das Ungarndeutschtum im Komitat Bekesch“ erhielt Joschi Ament, Vorsitzender des Kulturkreises Elek. Der Preis wurde durch Richárd Tircsi, Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Humanressourcen, und Mihály Zalai, Vorsitzender des Komitatstags Bekesch, am 16. Dezember überreicht. Die Familie Ament lebte von 1763 bis 1946 in Elek. Joschi Ament ist ein Urenkel heimatvertriebener Deutscher.

 

Vorsilvesterfeier der GJU 2016 Hartian: Zum ersten Mal in der Region

Für den Freundeskreis Schwäbischer Jugendlicher war es eine besondere Auszeichnung, dass eine der größten ungarndeutschen Jugendveranstaltungen 2016 in Hartian stattfand. Das war einerseits eine riesige Anerkennung der bisherigen Tätigkeit, weil sie nur seit drei Jahren in der GJU mitmachen, also zu den jüngeren GJU-Freundeskreisen gehören. Andererseits, weil bisher noch keine Vorsilvesterfeier in dieser Region organisiert wurde.

Sechzig Jahre deutsche Rundfunksendung in Fünfkirchen: Rückblick auf die ungarndeutsche Stimme

Informationen in der Muttersprache an den Rezipienten zu vermitteln: dies wurde am 31. Dezember 1956 durch Studio Fünfkirchen des Ungarischen Rundfunks für ungarndeutsche Hörer Realität. Die Redaktion bestand (damals und auch später) aus wenigen Mitarbeitern: Redakteur István Szigeti, Übersetzerin Maria Váray (Lehrerin am Deutschen Klassenzug für Lehrerbildung, später am Deutschen Nationalitätenklassenzug des Klara-Leőwey-Gymnasiums), und Zsuzsanna Jakabos (Mitarbeiterin im Stadtrat) gestalteten die deutsche Sendung. Eine Zeit lang arbeiteten Géza Hambuch und Franz Melath bei der Sendung, ab 1961 erhielt Szigetis Posten der Deutschlehrer des Gymnasiums „Nagy Lajos“ und seit Ende 1959 Übersetzer des Studios, Béla Szende. Im selben Jahr schloss sich der Redaktion der frisch gebackene Lehrer Anton Reger an.

Willy Graf, Josef Reil und Johann Wolfart im Dezember 1976 im Studio Fünfkirchen Foto: NZ-Archiv/Johann Schuth

Willy Graf, Josef Reil und Johann Wolfart im Dezember 1976 im Studio Fünfkirchen Foto: NZ-Archiv/Johann Schuth

 

„Die redaktionelle Arbeit verlief unter einer strengen zentralistischen Kontrolle. Die in Deutsch geschriebenen Beiträge und die Texte der Tonbandaufnahmen mit Gesprächspartnern mussten dem Chefredakteur von Tag zu Tag in ungarischer Übersetzung vorgelegt werden. Die Aufgabe der Redaktion bestand in der deutschsprachigen Vermittlung der tagespolitischen Maßnahmen von Partei und Regierung. Schließlich gelang es den Redakteuren, Schüler des Deutschen Klassenzugs des Leőwey-Gymnasiums – an der Spitze Willy Graf, Franz Kerner und Barbara Müller – in die Gestaltung einer Mundartsendung mit dem Titel ’Hans in allen Ecken‘ einzubeziehen. (…) Ab Ende der sechziger Jahre übernahmen die Redaktionstätigkeit frische Kräfte, die auch vor Ort immer mehr Gesprächspartner fanden und mit ihnen lebensnahe Reportagen produzierten und sogar eine Sendung für Schüler aus der Taufe hoben: Willy Graf, Peter Leipold, Lorenz Kerner, Adam Freifogel, Josef Reil, Árpád Hetényi, Johann Wolfart, Martha Stangl und andere“, schrieb Béla Szende, Redakteur der Sendung von 1961 – 1968, zur Geschichte der Gründung der deutschen Redaktion von Radio Fünfkirchen. 1978 begann das Ungarische Fernsehen Regional- und später Landessendungen aus Fünfkirchen auszustrahlen, ein Jahr früher startete die landesweite Sendung im Rundfunk.

Peter Leipold, Chefredakteur der Neuen Zeitung von 1978 – 1992, arbeitete als Journalist beim Rundfunk, bei den Printmedien und beim Fernsehen und war knappe fünf Jahre – Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre – bei der deutschen Hörfunksendung in Fünfkirchen tätig. „Wir haben mit Willy Graf fast in der gleichen Zeitspanne Anton Reger und Béla Szende abgelöst und standen ziemlich alleine da. Arbeit hieß für mich jedenfalls lernen, vor allem die Sprache. Das Konzept war es, viele Leute für die Sendung als Mitgestalter, als Gesprächspartner zu gewinnen.“ Zu seiner Zeit hat es zwar keine den Mitarbeitern mitgeteilten Zensurbestimmungen gegeben. Sie setzten aber durch, dass sie die Sendung nicht mehr ins Ungarische übersetzen mussten. Es gab aber Tabuthemen: „Was mir bis heute weh tut, dass wir nicht über die härtesten Schicksalsjahre der Deutschen in Ungarn sprechen durften: die Verschleppung und die Vertreibung. Damals wurde das Aussiedlung genannt und die Verschleppung, Malenkij Robot, ist gar nicht zur Sprache gekommen. Ich habe 1989 zu Weihnachten eine halbstündige Rundfunksendung zu diesem Thema zusammengestellt, und der gleiche Beitrag ist in schriftlicher Form in der Neuen Zeitung erschienen. Das war das erste Mal, dass darüber in einem ungarndeutschen Medium geschrieben und gesprochen wurde. Warum wir darüber nicht geschrieben und gesprochen haben? Niemand hat uns gesagt, dass wir das nicht dürfen, aber man hat es gewusst aus dem Umfeld heraus. Wir sind so aufgewachsen, ich mindestens bin davon ausgegangen, wenn du damit kommst, dann kommt dieses große NJET“, erzählt Peter Leipold. Über die Rolle des Minderheitenjournalisten formuliert er: „Das ist eine andere Situation, in der sich ein Minderheitenjournalist befindet. Wir hatten nicht das Problem, uns mit den großen politischen und wirtschaftlichen Fragen auseinander zu setzen. Das blieb alles in einem engen Rahmen. Ich will damit nicht sagen, dass es gut so war. Es ist aber kein Zufall, wenn man über die tanzende-singende Minderheit gesprochen hat. So gesehen hatten wir es vielleicht leichter, weil wir nicht so viele Leute im Nacken sitzen hatten, die uns vorgeschrieben haben, was zu tun sei. Auf der anderen Seite gibt es nichts Schlimmeres, als wenn man in einer Sprache sendet, die sich in der Verlustphase befindet. Das ist eine Schwierigkeit, mit der man täglich konfrontiert wird.“

Treffen der „Märzjugend“ bei den Wolfarts in Kalasch: Peter Leipold, Otto Heinek, Anton Hoffmann, Béla Szende, Jenő Kaltenbach, Anton Reger, Willy Graf und Johann Wolfart Foto: NZ-Archiv/Johann Schuth

Treffen der „Märzjugend“ bei den Wolfarts in Kalasch: Peter Leipold, Otto Heinek, Anton Hoffmann, Béla Szende, Jenő Kaltenbach, Anton Reger, Willy Graf und Johann Wolfart
Foto: NZ-Archiv/Johann Schuth

Heute gestaltet eine kleine Redaktion in Fünfkirchen unter nicht leichten Bedingungen eine täglich zweistündige deutsche Funksendung und die wöchentlich 26-minütige Fernsehsendung „Unser Bildschirm“. Herzliche Gratulation an das jubilierende Redaktionsteam!

angie

 

Die „Teitsch-Stoun“: Erinnerungssplitter aus 60 Jahren

Weihnachten 1956: Vater, der seit anderthalb Jahren täglich mit dem Nylon-Bus zur Arbeit nach Fünfkirchen pendelte, stellte ein Orion-Radiogerät auf den Gabentisch zum Christtag. So eine Verschwendung! Nur leise behaupteten dies Altoma und Toni-Opa, doch bald änderte sich ihre Einstellung.

Am 31. Dezember, gegen 19.00 Uhr, ertönte das erste Mal auf der Wellenlänge von Radio Fünfkirchen deutsches Wort: „Sie hören…“ Wie es genau weiterging, könnten wohl die Bänder dieses Abends, falls sie noch aufbewahrt sind, verraten. Welchen Widerhall die Worte und die begleitende Blasmusik in den Zuhörern hervorrief? Das habe ich, die damals erst Siebenjährige, noch fest in Erinnerung. Jeden Abend saß um diese Zeit die ganze Familie, nach dem Füttern und noch vor dem Nachtmahl, in der hinteren Stube am Radio und lauschte andächtig, was Neues in der Welt und in unserer Branau geschah. Wenn Walzer und Polka ertönten, ließ Opa nicht locker, und forderte mich auf: „Komm, mei Maat, jetz notze me ten Radio, tanze me aans!“ Als dann sonntags das beliebte Wunschkonzert eingeführt wurde, gesellte sich zum Musikgenuss das Erlebnis, wie oft die Alten unter den Beglückwünschten bekannte Namen und Orte entdeckten.

Einige Jahre später, als Schülerin des „deutschen Gymnasiums“ in Fünfkirchen, hörte ich bewusst zu und entdeckte allmählich, wie viel ich meinen beiden Muttersprachen, der Mundart und dem Hochdeutschen, verdanke. Stolz war die Familie wie unser ganzes Dorf auch darauf, dass die beiden Redakteure der Sechziger, Béla Szende und Anton Reger, aus unserer Gegend stammten und – wie Vater, der ja auch Programme aus Wien (Autofahrer unterwegs) und Laibach (Oberkrainermusik) mithörte, behauptete – „schön deutsch“ sprachen. Doch die Reportagen, die der Reger Toni oder später der Leipold Peter und der Graf Willy in der Mundart führten, standen ihrem Herzen doch näher. So auch die lustigen Mundartszenen „Hans in allen Ecken“, im Vortrag unserer Leőwey-Schulfreunde und die ersten Geschichten und Gedichte heimischer Autoren, wie Leo Koch, Georg Fath und Wilhelm Knabel.

In den Jahren des Studiums in Budapest und dann als Deutschlehrerin am Kossuth-Gymnasium beschränkte sich meine Zeit als Zuhörerin auf die Ferien in der Branau (das Programm konnte man bis 1977 nur in der Schwäbischen Türkei empfangen). Der Wendepunkt erfolgte, als wir, mein Mann Johann Wolfart und ich, nach Fünfkirchen zurückkehrten und er ab 1976 Mitarbeiter der Sendung wurde. Da galt es, das Gleichgewicht zu finden zwischen der alltäglichen, doch interessierten Zuhörerin von früher und der in die vielfältige Tätigkeit des Redakteurs „eingeweihten“ Partnerin. Oft kreuzten sich die Wege und Bereiche in unserer Arbeit. Besuchten wir mit den Mundartprogrammen der Schwäbischen Bühne des Leőwey-Gymnasiums deutsche Ortschaften, wie Nadasch, Bohl, Bawaz, begleitete er uns und führte vor Ort Gespräche mit den Teilnehmern und dem Publikum, sammelte Material für spätere Sendungen. Eine besondere Möglichkeit ergab sich für ihn bei der Teilnahme an den Volkskundelagern des Deutschen Verbandes. Sei es in der Branau, im Bakonyer Wald, in der Batschka oder eben in Sathmar, er war dankbar für die Erweiterung seiner Kenntnisse durch die wissenschaftlichen Vorträge, doch die eigentliche „Goldgrube“ für den Reporter waren die Mundarterzähler. Ihre Geschichten über Alltag und Feste, Brauchtum und Handwerk bereicherten seine Arbeit. Wie er aus den Aufnahmen in den Dörfern im Studio dann Porträts formte, Bräuche lebendig machte, fand ein bleibendes Echo bei den Zuhörern. „Phetter, mia huriche eich kean zu, un net nua pan Wunschkonzert“, diese Worte seiner Patin aus Ketschinge waren für ihn das höchste Lob.

Einen bedeutenden Schritt für die Sendung stellte die landesweite Ausstrahlung dar. Die Redaktion unterstützte mit den Programmen für Schulen und Kindergärten die Förderung des Muttersprachunterrichts und gewann damit viele neue Zuhörer. Die Erweiterung der Medienpalette durch „Unser Bildschirm“ forderte die Redakteure immer wieder zur Erneuerung heraus.

Unser Lebensweg führte uns in die Hauptstadt, dann nach Deutschland, doch blieb die Verbindung mit der Sendung, den jeweiligen Mitarbeitern, den Freunden aufrecht. Ein Foto habe ich vor Augen, aufgenommen in der Innenstadt von Berlin, der Freundeskreis der „Märzjugend“, unter ihnen Redakteure und Mitarbeiter aus drei Jahrzehnten, Szende, Leipold, Schuth, Graf, Reil, Hoffmann, Wolfart. Drei von ihnen sind nicht mehr unter uns.

Die Lehrerin, heute schon in Ruhestand, erinnert sich an die Stunden für Minderheitenkunde im Schiller-Gymnasium, wo sie den Schülern das Thema „ungarndeutsche Medien“ nicht bloß als Unterrichtsstoff vermittelte.

Maria Wolfart-Stang

 

Aus dem Inhalt

 

Auf vierzig Seiten erscheint die letzte diesjährige Ausgabe der Neuen Zeitung (NZ 52-53/2016).

 

Zwei Nationalitätenpreise an Ungarndeutsche

Gleich zwei Nationalitätenpreise des Ministerpräsidenten gingen heuer an Ungarndeutsche. Die Stiftung Ungarndeutsches Volkstanzgut pflegt seit 26 Jahren die ungarndeutschen Tanztraditionen, sammelt Tänze, bietet für Pädagogen Fortbildungen an, organisiert Festivals, Volkstanzlager und das Fünfkirchner Pfingstfestival. Auf 23 CD-s wurden Volksmusik und Kirchenmusik verewigt, das Trachtenbuch erlebte drei Auflagen. Anfangs war Béla Szende Vorsitzender der Stiftung, zurzeit bekleidet Ibolya Englender-Hock diesen Posten. Den Preis übernahm der Motor der Stiftung Helmut Heil.

Maria Bauer geb. Moór hat mehr als 100 ungarndeutsche Volkslieder gesammelt, die auch auf CD-s festgehalten wurden. Sie brachte Schulkindern in Schomberg und später in Kaposvár Theaterstücke bei und ist aktive Mitgestalterin des ungarndeutschen Lebens in Kaposvár. Sie ist Trägerin des Lenau-Preises und der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum.

 

Mit Texten im Deutschunterricht erfolgreicher handeln: Experten aus Bayern zeigten Deutschlehrkräften innovative Methoden

Behandlung und Interpretation von literarischen Texten – zu diesem Thema konnten Deutschlehrkräfte viele neue Inspirationen finden. Auf Einladung des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts (UdPI) hielten Mitte November Expertinnen des Bayerischen Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) auf die Praxis ausgerichtete Seminare in zwei Schulen der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen: im Valeria-Koch-Bildungszentrum in Fünfkirchen und im Friedrich-Schiller-Gymnasium in Werischwar. „Vernetzen, fördern und befähigen“ lautet die Mission des von der Landesselbstverwaltung getragenen UdPI, das den Pädagogen der ungarndeutschen Bildungseinrichtungen fachliche Unterstützung der unterschiedlichsten Art bietet.

 

Ödenburger Familien im Porträt: Die Kleers

Vor langer Zeit schipperten viele Schwaben aus Deutschland bis Südungarn mit der „Ulmer Schachtel“ die Donau hinunter. Unter ihnen befanden sich auch die Kleers, die sich allerdings damals noch Klär nannten. Ludovicus Klär siedelte sich 1760 in der Batschka in Prigrevica/Batschsentiwan bei Apatin an, von wo es bald nach Parabutsch weiterging. In diesem 4073 Seelen zählenden Dorf, das in der Wojwodina lag, wohnten im 18. Jahrhundert 3283 Schwaben. Stets auf Arbeitssuche verschlug es die Familie nach Ödenburg. Über das bewegte Schicksal der Familie erzählt Vilmos Kleer.

 

Christkindl-Treffen in Gestitz

Fünf Christkindl-Gruppen aus dem  Komitat Komorn-Gran – aus Sammet, Schemling, Kätschka, Tarian und Gestitz – kamen am 10. Dezember zum zweiten Christkindl-Treffen nach Gestitz/Várgesztes. Sie folgten dem Aufruf der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung der Gastgebergemeinde und versammelten sich im Dorfhaus, um ihre Geschichten über die Geburt Jesu vorzutragen. Die Kinder waren als Maria, Josef, Michael, Gabriel, Hirten und Engel in die damalige einfache Tracht gekleidet.

 

Wertsachen: Besondere Weihnachtsgrüße aus der Kriegsgefangenschaft

Wir schreiben das Jahr 1918. Der Erste Weltkrieg ist zu Ende, bald ist Weihnachten. Ein junger Mann ist verzweifelt: Wieder ein Fest ohne seine Familie. Bis jetzt war er Soldat, nun ist er Kriegsgefangener in Italien. Was ist wohl zu Hause los? Wie kommt seine Frau mit der Wirtschaft und mit den drei Kindern klar? Das kleinste Kind ist bereits vier Jahre alt, und er hat es kaum gesehen. Warum bekommt er keine Nachricht von ihnen? Warum schreibt ihm niemand? Haben sie ihn vergessen? Haben sie ihn aufgegeben? Wenn er seinen Eltern schreibt, wenn er ihnen das Herz ausschüttet, werden sie vielleicht eine Antwort schreiben.

 

(Welt-)Freundschaftstreffen der Eleker

Wie haben sich die Kontakte zwischen den Vertriebenen und den Heimatverbliebenen entwickelt? Das ist ja ein wichtiger Faktor der Identitätsbewahrung der Ungarndeutschen. Am Beispiel Elek wollen wir zeigen, wie die Privatbesuche der 60er Jahre zu großen Freundschaftstreffen führten – mit Höhepunkten in den 90ern –, wie die Gegenwart ist und ob es einen (eventuell möglichen) Weg in die Zukunft gibt.

 

Mehr als nur Erholung – Ungarndeutsche und deutsche Familien treffen sich zum zwölften Mal zu einem VUK-Familienwochenende

Auf den Fluren des Wellnesshotels am Rande der Tolnauer Gemeinde Tengelic werden allmählich Kinderstimmen laut. Auch die letzten Gäste treffen in der großzügigen Herberge ein, das Wochenende kann beginnen. Zum fünften Mal hat der Verein für Ungarndeutsche Kinder VUK ein Familienwochenende für ungarndeutsche und in Ungarn ansässige deutsche Familien organisiert. Der Ort variiert von Jahr zu Jahr, das Ziel hingegen bleibt immer das gleiche: die Begegnung und der Austausch ein- und zweisprachiger Familien mit ungarn- oder bundesdeutschem Hintergrund. Ein Anspruch, dessen Bedeutung nicht oft genug betont werden kann, denkt man an die Bindekraft solcher Netzwerke. Mittels einer neuen Methode – eines gemeinsamen Theaterprojekts mit der Deutschen Bühne Ungarn – versucht VUK die Sprachkenntnisse und die kulturelle Identität der Kinder zu fördern.

 

Eine Gemeinschaft, wo das Ungarndeutschtum gemeinsames Interesse ist

Zum Abschluss des Jahres 2016 berichten Mitglieder des Orgateams der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, wie sie sich dieses Jahr in der GJU gefühlt haben, welche Motivationen sie hatten und warum es sich lohnt, sich in ihrer Freizeit mit dem Organisieren der GJU-Programme zu beschäftigen. GJU Budapest übergab eine Spende im Kindergarten von Pußtawam. Vizepräsident Martin Surman-Majeczki nahm am Weihnachtsfrühstück der Jungen SPitzen in Nordschleswig teil.

Die nächste Ausgabe der Neuen Zeitung erscheint am 6. Jänner 2017 

Martin Stock aus Saar: „Die Heimat ist nicht ein Land, sie lebt in uns“

Martin Stock aus Saar

Der junge Lehramtstudent der ELTE, Martin Stock (Foto), wollte schon von klein auf Lehrer werden und ist vielseitig in die Traditionspflege seiner Heimatgemeinde Saar eingebunden. Martin Stock stammt aus einer ungarndeutschen Familie, in der die Urgroßeltern väterlicherseits noch die örtliche bairische ua-Mundart sprechen. Sie spielen in seinem Leben eine sehr wichtige Rolle, „wir verbringen sehr viel Zeit miteinander“, sagt der Student. Die Eltern waren jung, als die Kinder geboren wurden, und wenn sie arbeiten mussten, wurden die Kinder immer von den Urgroßeltern beaufsichtigt.  Martin Stock meint: „Das hat mich geprägt. Ich sage immer, ich habe eigentlich drei Väter und drei Mütter, denn sie alle, meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, haben bei meiner Erziehung mitgewirkt. Meine Familie ist mir sehr wichtig.“ Zu Hause wird die Mundart nicht gesprochen, aber verstehen kann er sie noch. Früher hat es geheißen, wenn die Kinder etwas nicht verstehen sollten, wurde es schwäbisch gesagt. „Ich bin Ungarndeutscher, die Abstammung ist mir wichtig, obwohl die Ungarndeutschen nicht eine Heimat haben, sondern eigentlich zwei, Deutschland und Ungarn. Ich denke, die Heimat ist nicht ein Land, sondern sie lebt in einem. Wir bewahren sie in uns.“
Die Traditionspflege wird in Saar großgeschrieben, die meisten Kinder lernen schon im Kindergarten die örtlichen Bräuche und Tänze kennen. Seit mehr als 15 Jahren ist Martin Stock Mitglied der örtlichen Tanzgruppe. Gemeinsam mit seinem Bruder Szabolcs und einer Tänzerin, Viktoria Nagy, sind sie für die Nachwuchsförderung der Tanzgruppe zuständig. Martin ist Koordinator. Zu den kleinen Tänzern hat er guten Kontakt ausgebaut und so bereits vor seinem Studium viele praktische Kenntnisse darüber gesammelt, wie er mit Kindern zusammenarbeiten kann. Die Gruppe organisiert jedes Jahr ein Sommercamp, um die Tanzlust bei den Kindern aufrechtzuerhalten, woran natürlich auch die Koordinatoren teilnehmen. Die Saarer Tanzgruppe ist mit  ihren 170 Mitgliedern der größte Verein der Gemeinde: 10 Prozent der Einwohner sind Mitglieder. Das gemeinsame Tanzen bestimmt schon von Kindesalter an das Leben der Saarer, in fast jeder Familie gibt es Mitglieder. Die Tanzgruppe gibt die Zeitschrift „Táncos újság“ heraus. Diese Zeitschrift ist voll mit Themen rund um die Tanzgruppe und unterschiedlichen Veranstaltungen, wo sie teilnimmt. Sie ist überwiegend in Ungarisch, aber es gibt mittlerweile auch deutsche Inhalte. Martin Stock ist für den deutschen Teil der Zeitung zuständig. Zu berichten haben die Tänzer viel, sie haben in den vergangenen Jahren ganz Europa bereist und nehmen auch regelmäßig am internationalen Treffen Europeade teil. Stock ist leidenschaftlicher Musiker, spielt Tenorhorn und singt gern. 2011 gründete er mit seinen Freunden aus der Tanzgruppe die Kapelle  „Saarer Musikanten“, mit der sie regelmäßig auftreten.
Neben dem Tanzen und Musizieren hat er vor einiger Zeit auch ein kleines Projekt mit seinem Bruder Szabolcs gestartet: Sie schreiben ein Dialektwörterbuch. Der Inhalt wird anhand von Tonaufnahmen zusammengestellt, die sie bei ihren Urgroßeltern machen. Sie versuchen so viel wie möglich von der Mundart zu bewahren, bisher haben sie twa 40 DIN A/4- Seiten Stoff beisammen. Nicht nur Wörter und Ausdrücke, sondern auch „Spruchsogn“ (Sprichwörter) und Volksliedertexte sammeln die Stocks, die sie anhand der während dem Studium gesammelten Kenntnisse von Martin auch mit etwas Grammatik und Erklärungen ergänzen werden. Martin Stock möchte nach seinem Abschluss im Totiser Gymnasium unterrichten und auch weiterhin aktiv in seiner Heimatgemeinde tätig sein.

GS

 

Aus dem Inhalt

 Der aktuellen Neuen Zeitung ist die Signale (33. Jahrgang, Nr. 1), die Beilage für Literatur und Kunst, beigefügt

 

„Das Vergessen ist Exil, die Erinnerung ist Befreiung …“ Geschichtstagung für Pädagogen über Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen

Eine Enttabuisierung des historischen Ereignisses „Malenkij Robot“ – das war das Ziel der Geschichtstagung und Lehrerfortbildung und des Museumstags, einer dreitägigen Veranstaltungsreihe vom 10. – 12. November im Fünfkirchner Valeria-Koch-Bildungszentrum über den Leidensweg der Ungarndeutschen zwischen 1944 und 1948. Zur vom Bildungszentrum, vom Stiftungslehrstuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa der Universität Fünfkirchen, von der ZfA (Zentralstelle für das Auslandsschulwesen) und vom Janus-Pannonius-Museum gemeinsam ausgetragenen Konferenz kamen vor allem Geschichtslehrer der Schulen der deutschen Nationalität. Ihre gemeinsame Angelegenheit ist es nämlich zu erreichen, dass das Thema der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen im Geschichtslehrstoff korrekt und würdig behandelt wird.

 

Hercel-Tanzgruppe wurde ausgezeichnet

Der Komitatstag Pesth hat am Tag des Komitats, am 4. Dezember, auch heuer Zivilpersonen und Organisationen ausgezeichnet, die auf ihrem Gebiet hervorragende Leistungen für das Gemeinwohl im Komitat erbracht haben.
Den Preis „Für die Nationalitäten“ hat dieses Jahr die Hercel-Tanzgruppe aus Hartian/Újhartyán erhalten. Die Tanzgruppe wurde 1991 gegründet und hat eine führende Rolle in der Pflege, Bewahrung und Vermittlung der ungarndeutschen Traditionen im Komitat Pesth.

 

Alles ist dort geblieben

Die den deutschen Minderheiten gewidmete Ausgabe der Zeitschrift Pro Minoritate und eine außergewöhnliche Fotoausstellung waren Themen der Zentrum-Veranstaltung am 1. Dezember im Haus der Ungarndeutschen. Direktorin Monika Ambach hob hervor, dass der Abend in Zusammenarbeit mit dem Balassi-Institut in Bukarest und dem Stiftungslehrstuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Fünfkirchen realisiert werden konnte. Über wissenschaftliche Forschungen anlässlich des 70. Gedenkjahres der Vertreibung sprach Otto Heinek, der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Referate der Gedenkkonferenz am 19. Januar in Wudersch wurden in der vorgestellten Ausgabe der Zeitschrift Pro Minoritate veröffentlicht.

Schwäbische Speisen aus Sebegin

Sparsam und einfach kochen – lautet die Devise für die ungarndeutsche Küche. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Speisen nicht ergiebig gewesen wären. Die Kochrezeptsammlung aus Sebegin/Zebegény stellt die aus der Urheimat mitgebrachten Küchentraditionen sowie die Speiseordnung je nach Wochentagen vor, wobei hauptsächlich selbst angebaute Gemüsesorten zum Kochen verwendet wurden. Die einstige Speiseordnung – Montag war der Nulltoog, Dienstag der Krauttoog, mittwochs aß man Fleischgerichte, Donnerstag galt als Knelltoog, Freitag war der Bohnentoog, Samstag der Grombientoog und am Sonntag wurde natürlich gefeiert (Faiertoog) – könnte auch heute als ausgewogener Speiseplan empfohlen werden. Vieles wurde dabei von der ungarischen Küche übernommen, wie Paprikahuhn, Gulasch usw.

 

Advent in Neuofen

Die Förderung der zwei Kindergärten und zwei Grundschulen mit Deutsch als Nationalitätenfach im XI. Bezirk der Hauptstadt ist vorrangiges Ziel der Neuofener Deutschen Selbstverwaltung, sagte Vorsitzender Franz Imreh bei der Bürgeranhörung und der traditionellen Adventsfeier am 7. Dezember in der Aula der Grundschule in Gazdagrét (Reiche Ried). Bei der Adventsfeier präsentierten deutschlernende Kinder aus den vier Bildungsinstitutionen ihr Weihnachtsprogramm. Zwei Deutschlehrerinnen erhielten den Preis der Deutschen Selbstverwaltung „Deutschlehrerin des Jahres“, der mit einer Geldprämie verbunden ist: Frau Szendefiné Erzsébet Sohajda aus der Grundschule in Reiche Ried und Ágnes Blaha  von der Teleki-Blanka-Grundschule.

 

GJU-Adventsbacken 2016: „Hier kann man richtig wertvolle Zeit verbringen“

Zum Adventsbacken von 2. bis 4. Dezember in Nadasch erwartete die GJU die Jugendlichen, die sich für traditionelles Kochen und Backen in adventlicher Stimmung interessieren. In der Abwicklung des Wochenendes haben diesmal die Freunde vom Verein für Ungarndeutsche Kinder (VUK) geholfen. Zusammen mit ihnen konnten die Teilnehmer nette Weihnachtsgeschenke anfertigen. Nadasch ist traditionell ein beliebter Ort für GJU-Veranstaltungen. Die Siedlung konnte noch in vieler Hinsicht ihren traditionellen Charakter behalten. Es gibt viele örtliche Vereine, die das Pflegen der ungarndeutschen Traditionen für wichtig halten. Deshalb ist Nadasch immer ein sehr inspirierender Schauplatz für die GJU-Programme.

 

Aroma, das aus der Kälte kommt: Ungarische Weißweine sind so gut wie nie – Hightech und Klimawandel tragen dazu bei

In Wadkert/Soltvadkert wurden schon auf der Militärlandkarte des Habsburgerkaisers Joseph II. Ende des 18. Jahrhunderts Weinberge gekennzeichnet. So wurde das alltägliche Getränk für die Einwohner gesichert. 100 Jahre später aber zog eine vernichtende Seuche der Weinwurzeln durch das Land: die Phylloxera (Reblaus). Sie machte die Weinplantagen für mehrere Jahrzehnte kaputt — außer denen auf dem Sandboden in der Tiefebene. Dank den damals errichteten Eisenbahnlinien zw. Budapest und Szegedin bzw. Budapest und Maria-Theresiopel konnte der Wein schon in weite Städte geliefert werden. Dabei spielten jüdische Kaufleute eine wichtige Rolle, die durch ihr Handelsnetz an der Jahrhundertwende zum wirtschaftlichen Aufschwung dieser Gegend beitrugen. Die Wadkerter waren eine gemischte, deutsche Bevölkerungsgruppe, deren Mitglieder aus mehreren Gegenden herkamen, einen dem Hartaischen ähnlichen Dialekt sprachen und sich durch ihren Fleiß auszeichneten. Sie bepflanzten auf dem Treibsand Hunderte von Hektaren mit Weinreben und widmeten ihr Leben diesem Wirtschaftszweig.

Ein Winzer aus Leidenschaft – Dávid Wilhelm “Die Weinbaukultur in Haschad wieder aufblühen lassen”

Schon als kleines Kind ging Dávid Wilhelm mit seinen Großeltern und Eltern in den gemeinsamen Weingarten arbeiten und hat mit der Zeit immer mehr geholfen. Wie er sagt, hat ihn die ungarndeutsche Weinbautradition dazu bewegt, Winzer zu werden.

Batschkaer ehren den Vorsitzenden des Komitatsverbandes Josef Manz

Der Verband der Deutschen Minderheitenselbstverwaltungen des Komitats Batsch-Kleinkumanien veranstaltete am 12. November im Ungarndeutschen Bildungszentrum in Baje den traditionellen Batschkaer Ungarndeutschen Kulturabend. Im Rahmen der Veranstaltung wurde die Auszeichnung „Für das Ungarndeutschtum im Komitat Bács-Kiskun“ zum 16. Mal verliehen. Die Anerkennung wurde dieses Jahr dem langjährigen Vorsitzenden des Komitatsverbandes Josef Manz überreicht.

Geschichte hautnah erleben – DNG-Projekt zur Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen

Das Budapester Deutsche Nationalitätengymnasium (DNG) präsentierte am 16. November im Haus der Ungarndeutschen das Ergebnis eines ungewöhnlichen und gleichzeitig sehr wertvollen Schulprojekts: Im Fokus standen die Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen.
Etwa 50 Schüler haben unter der Leitung der stellvertretenden Direktorin Dr. Krisztina Varsányi und Zsuzsanna Bozzai (beide Deutsch- und Geschichtslehrerinnen am DNG) noch lebende Zeitzeugen aufgesucht und sie erzählen lassen. „Wegen dem Gedenkjahr der Vertreibung haben wir uns im Januar überlegt, was dazu geeignet wäre, etwas Bleibendes und Persönliches zu schaffen. Ich bin auch persönlich betroffen, mein Großvater war auch unter den Interviewpartnern“, sagte Dr. Krisztina Varsányi über die Anfänge. Sie wollten aus erster Hand, von den noch lebenden Personen Informationen einholen, denn das sei jetzt die letzte Möglichkeit. „Die damals verschleppt wurden, waren 17, sie sind heute über 90. Wenn wir noch etwas wollen, dann muss es jetzt geschehen, denn später gibt es keine mehr, die uns berichten könnten“, erläuterte  Frau Dr. Varsányi. Die Selbstverwaltungen und Regionalbüros haben geholfen, Interviewpartner ausfindig zu machen. Es wurden insgesamt 42 Personen aus 20 Siedlungen landesweit von den Schülern befragt. Die Sammelarbeit und Aufarbeitung dauerten fast ein Jahr lang.
Die Interviews wurden in ungarischer Sprache geführt, denn laut  Frau Dr. Varsányi waren es oft die Gewährsleute, die es so wollten. Ihnen falle es schon schwer Deutsch zu sprechen, meinte sie. „Wenn sie im Dialekt erzählt hätten, hätten das unsere Schüler nicht verstanden, sie sprechen nur Hochdeutsch.“ Einer der Schüler, Máté Paksi, meinte: „Geschichte hautnah zu erleben, ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Wir haben über die Tragödie der Ungarndeutschen gehört und waren sehr neugierig, wie die Menschen das persönlich erlebt haben. Es war lehrreich für uns. Wir kämpfen heutzutage mit solchen Problemen wie Schularbeiten oder Klausuren und sie kämpften damals um das Überleben! Es war überraschend zu sehen, welchen Optimismus die Zeitzeugen trotz alldem ausgestrahlt haben.“
Das Schulprojekt wurde mit Unterstützung des Ministeriums für Humanressourcen, der Deutschen Selbstverwaltung Budapest und der Deutschen Selbstverwaltung des Komitates Pesth verwirklicht. Die Videoaufnahmen und das vollständige Material sind auf der Webseite des Gymnasiums zu erreichen (www.dng-bp.hu). Deutschsprachige Untertitelung der Aufnahmen ist noch in Planung. An Lehrerweiterbildungen in Kalasch und Fünfkirchen hat das Projekt als Lehrmaterial bereits erste Erfolge gefeiert und kann als Vorbild für andere Schulen dienen.

GS

 

Aus dem Inhalt

 

Dreitägige Klausurtagung: Vollversammlungssitzung, Erfahrungsaustausch und weiterführende Referate

„Uns ohne Hektik auszutauschen und dabei Neues dazuzulernen ist unser Ziel“ – mit diesem einleitenden Gedanken bündelte Vorsitzender Otto Heinek die Intention der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen auf ihrer alljährlich ausgetragenen Klausurtagung. Drei konzentrierte Tage verbrachten Vollversammlungsmitglieder der LdU, Vertreter der ungarndeutschen Komitatsselbstverwaltungen und Komitatsverbände, Leiter von Vereinen und Institutionen sowie Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Landesselbstverwaltung vom 18. – 20. November im Fünfkirchner Valeria-Koch-Bildungszentrum. Auf dem Programm der vom deutschen Bundesministerium des Innern geförderten Klausurtagung standen Vollversammlungssitzung, Erfahrungsaustausch und weiterführende Referate.

 

25 Jahre Ungarndeutscher Kulturverein Ratzpeter: Das Jubiläum wurde doppelt gefeiert

25 Jahre – eine Generation zählt der Ungarndeutsche Kulturverein Ratzpeter/Újpetre, und das Jubiläum wurde doppelt gefeiert. Ein buntes, würdiges Kulturprogramm erfreute das Publikum an dem Samstagnachmittag im Spätherbst, und am Ende der Veranstaltung wurde ein besonderes Kochbuch vorgestellt. Die langjährige Vorsitzende des Vereins, Teodóra Erdei-Csütörtök, gab einen Überblick über die vielseitige Tätigkeit seit der Gründung im Jahre 1991. Mit Anerkennung sprach sie darüber, wie viel Zeit und Mühe die Mitglieder für diese Gemeinschaft opferten – doch keiner betrachtete dies als Aufgabe, sondern alle betonten die Freude am Wirken für die Bewahrung der ungarndeutschen Traditionen in Ratzpeter.

 

Bohler Chor feierte 20-jähriges Jubiläum: Gemeinschaft, Freundschaft, Zusammenhalt, Freude und Spaß

Der deutsche Nationalitätenchor des Bohler Pflegezentrums feierte am 12. November sein 20-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass veranstalteten sie zusammen mit dem Großturwaller Schwäbischen Chor und dem Singende Quelle-Chor aus Mohatsch, ein Jubiläumskonzert in der Bohler Redoute. Es erklangen die wunderschönen Lieder unserer Volksgruppe. Die Akkordeongruppe der Bohler Musikschule ist auch aufgetreten. Der Festsaal des Kulturzentrums war voll, auch aus den umliegenden Gemeinden sind Gäste gekommen. Bürgermeister Josef Hárs, die Vorsitzende der Deutschen Selbstverwaltung und die Leiterin des Pflegezentrums Éva Morvai Krausz begrüßten die Anwesenden und die Chöre. Zum Schluss wurde ein Schwabenball veranstaltet. Gastgeber und Gäste haben in lustiger Stimmung gefeiert.

 

Unterricht mal anders: Mit Büchern oder ohne? – ein Projekt für die Metschger Grundschule

Mal ganz ehrlich: Jeder von uns hat sich doch schon mal in der Schule gedacht, ob es nicht auch anders gehen würde, nicht immer nur im Schulraum sitzen und aus Büchern lernen. Gerade aus diesem Gedanken heraus ist die Idee entstanden, den Schülern der Metschger Grundschule mal etwas Besonderes zu bieten: einen Projekttag mit dem Thema ,,Lernen mit Büchern oder ohne?“. Die Deutsche Selbstverwaltung und der Deutsch-Ungarische Freundeskreis haben einen Projekttag für die Grundschule organisiert, in dessen Rahmen zwei Methoden zum leichteren Lernen, zum Wecken des Interesses der Kinder für den Unterrichtsstoff ausprobiert wurden.

 

Reise nach Baden-Württemberg “Freundschaften schließen zu können freut mich am meisten”…

…meint Erik Hasanovic vom Ungarndeutschen Bildungszentrum in Baje, der im Schuljahr 2015/16 seine Schule bei dem Wettbewerb „Jugend debattiert international“ repräsentieren konnte. Für seine guten Ergebnisse durfte er an der Rundreise in Baden-Württemberg teilnehmen, die von der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen gestaltet, vom Ministerium für Humanressourcen und vom deutschen Bundesministerium des Innern finanziell unterstützt wurde.

 

Der Kaiser ist tot – es lebe der Kaiser: Gedenkjahr zu Franz Josephs 100. Todestag

Kaiser Franz Josephs Todestag jährte sich am 21. November zum hundertsten Mal. Der Kaiser ist tot – aber in der Erinnerung der Österreicher lebt er weiter. Der authentischste Platz für eine Ausstellung über Kaiser Franz Joseph ist zweifellos Schloss Schönbrunn. Dort wurde er am 18. August 1830 geboren und dort starb er am 21. November 1916. Dazwischen lagen 86 Lebensjahre und 68 Herrscherjahre mit persönlichen und politischen Freuden und Tragödien. Sein Tod vor hundert Jahren ist ein gegebener Anlass für Sonderausstellungen in Schloss Schönbrunn, in der Hofburg, im Hofmobiliendepot und in Schloss Niederweiden im Marchfeld, die mit den zahlreich vorhandenen Erinnerungsstücken aus seiner Zeit sein Leben als Mensch und Herrscher Revue passieren lassen.

 

II. Weinwettbewerb in Haschad – Ein großer Erfolg

Bereits zum zweiten Mal veranstaltete die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung Haschad/Hásságy in der Branau am 12. November den Weinwettbewerb mit Weinball zum Martinstag. Es ist eine Danksagung an sie für ihre ganzjährige Tätigkeit auf dem Weinberg und damit sollen die Weingutbesitzer belohnt und anerkannt werden. Beim Wettbewerb werden Preise für den besten Rotwein, besten Weißwein und besten Rosé verliehen. Nach der Preisverleihung können die Weine gegenseitig verkostet werden, und so haben die Winzer die Möglichkeit, ihre Erfahrungen auszutauschen und einander Tipps zu geben.

Inspirierende Begegnungen, zukunftsweisende Dialoge in Berlin

Bundeskanzlerin Merkel empfing Vertreter der deutschen Minderheiten: Den Höhepunkt der 25. Jahrestagung der unter dem Dach der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) funktionierenden Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) vom 7. bis 10. November in Berlin bedeutete das Treffen mit Angela Merkel im Bundeskanzleramt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) 2016

 

Eine besondere Gelegenheit für Meinungs- und Informationsaustausch bot sich für Vertreter deutscher Minderheiten im Rahmen der diesjährigen Tagung der AGDM in Berlin: Angela Merkel empfing sie im Bundeskanzleramt. Die Bundeskanzlerin gratulierte zum 25. Jubiläum der AGDM und sprach ihre Anerkennung für die geleistete Arbeit und für die wertvolle Brückenfunktion der deutschen Minderheiten aus. „Frau Dr. Merkel zeigte großes Interesse für unsere Arbeit, betonte die Wichtigkeit unserer Vermittlerrolle, und sie ermutigte uns alle, die deutsche Kultur und die deutsche Identität zu pflegen“, führte Otto Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen aus. „Sie versicherte uns der weiteren Unterstützung seitens der Bundesregierung. Wir hatten die Möglichkeit, uns eine halbe Stunde lang mit ihr zu unterhalten, und bei dieser Gelegenheit zeigte sie großes Interesse an unserer Arbeit. Unsererseits habe ich beispielsweise den Hinweis gegeben, dass in Ungarn die Nachfrage nach der deutschen Sprache wachse, und dieser Umstand für die Bundesrepublik Deutschland eine gute Möglichkeit biete, den Bildungsbereich noch mehr zu fördern.“

Die vor 25 Jahren in Budapest gegründete AGDM bietet den deutschen Minderheiten aus 20 Ländern ein Forum zur Diskussion und zur Zusammenarbeit. An der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung trafen sich über 50 Vertreter von rund 20 deutschen Organisationen. Die Ungarndeutschen waren durch Otto Heinek, den Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, und durch Dr. Hajnalka Gutai, Leiterin der Geschäftsstelle der LdU, vertreten. Am Treffen mit Angela Merkel nahm auch Parlamentssprecher Emmerich Ritter teil. Gleichzeitig fand in Berlin auch ein Treffen von Vertretern der deutschen Jugendorganisationen statt: Károly Radóczy, Geschäftsführer der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, war dabei (siehe seinen Bericht weiter unten).

Arbeitsgespräche im Sinne des AGDM-Mottos „Minderheiten helfen Minderheiten“ sowie Diskussionsrunden mit Bundestagsabgeordneten und Mitarbeitern der zuständigen Ministerien bildeten das straffe Programm der Jahrestagung.  Im Bundesministerium des Innern gab es einen Dialog zwischen Minderheitenvertretern über Perspektiven der Minderheitenpolitik, Vernetzungsmöglichkeiten und über die Relevanz der Jugend- und Medienarbeit. Im Auswärtigen Amt, in Anwesenheit von Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer und Hartmut Koschyk, dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, gaben Vertreter des Instituts für Auslandsbeziehungen den Start von Mind_Netz bekannt. Das Social Media Projekt Mind_Netz informiert und vernetzt deutsche Volksgruppen und alle, die sich für sie interessieren. Im Auswärtigen Amt fanden auch Gespräche mit Vertretern des Goethe-Instituts, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen statt. Bei der Diskussion im Bundespräsidialamt betonte Staatssekretär David Gill, dass die deutschen Minderheiten ein verbindendes Element untereinander, zwischen Mutterland und Mehrheitsbevölkerung und auch innerhalb ihres eigenen Landes seien.

Der Vorsitzende der LdU Otto Heinek bewertete die Jahrestagung der AGDM sehr positiv: „Persönliche Begegnungen mit den politischen Akteuren in Deutschland und der Meinungsaustausch mit den Kollegen aus ganz Europa befruchten unsere Arbeit, geben uns neue Ideen und Impulse. Der Empfang durch Frau Merkel war ein wichtiges Signal, dass unser Mutterland nach wie vor für uns da ist und uns unterstützt.“ Die AGDM wählte den Vorsitzenden des Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, zum neuen Sprecher. Diesen Posten bekleidete Jahre lang LdU-Mitglied Koloman Brenner.

 

Treffen von Jugendvertretern deutscher Minderheiten: Wertvolle Kontakte ausgebaut, um neue Ideen reicher geworden

An der Jubiläumstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in Berlin konnten auch die Jugendvertreter der Mitgliedsorganisationen teilnehmen. Als Geschäftsführer der GJU hatte Károly Radóczy die Möglichkeit und die Ehre, die ungarndeutsche Jugend vertreten zu können. Hier sein Bericht.

Da ich vorher noch an keinem internationalen Minderheitenprogramm teilnahm, hatte ich anfangs Angst, wie es mir gelingen würde, mich auch in einer für mich unbekannten Situation durchsetzen zu können. Gleich am ersten Tag hatte die Jugendsektion eine Tagung, wo wir im Rahmen eines Workshops zuerst die aktuelle Situation der deutschen Minderheiten kennen lernen konnten, dann versuchten wir zu sammeln, welche für die einzelnen Jugendlichen beziehungsweise die Jugendverbände zur Zeit die wichtigsten Bedürfnisse sind.  Danach konnten wir Vorschläge machen, wie wir uns Lösungen für diese Probleme vorstellen.

Bei der ersten Sitzung der AGDM-Jugendvertreter trugen die Jugend Europäischer Volksgruppen (JEV) und die Deutsche Jugend in Europa (djo) mit positiven Beispielen für die weitere Entwicklung der Jugendarbeit unter den deutschen Minderheiten bei. Fast alle Jugendvertreter haben darauf hingewiesen, dass im Kreise der Jugendlichen die deutschen Sprachkenntnisse verbessert werden sollten. In der heutigen Welt brauchen die Jugendlichen auch mehrere außerschulische Sprachübungsmöglichkeiten, die neben der Hauptzielsetzung, Sprachkenntnisse zu entwickeln, auch zahlreiche andere Aspekte haben, die für Jugendliche wichtig sind. Zum Beispiel wäre eine intensivere Vernetzung zwischen den Jugendverbänden der deutschen Minderheiten wünschenswert. Bei internationalen Austauschprogrammen könnten gute Freundschaften geknüpft werden, die zur nachhaltigen Sprachübung sehr wichtig sind.

An der viertägigen AGDM-Tagung konnten wir an vielen Gesprächen und Empfängen teilnehmen, wo wir wichtige Politiker trafen, die sich mit der Förderung der Minderheiten beschäftigen. Wir hatten die Möglichkeit, die Lage in unserem Land zu schildern und unsere aktuellsten Wünsche zu erwähnen. Als Höhepunkt wurden wir von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Das war eine schöne Geste von der Kanzlerin. Alle hatten das Gefühl, dass es jetzt etwas Besonderes und Persönliches ist.

Beim Treffen konnte ich wertvolle neue Kontakte ausbauen und ein bisschen diese für mich bisher unbekannte politische Welt kennen lernen. Mit diesen Erfahrungen kann ich ganz bestimmt der GJU und den ungarndeutschen Jugendlichen viel helfen, und ich wurde um gute neue Ideen reicher.

Die Teilnahme der Jugend an der AGDM-Tagung ist eine Herzensangelegenheit des Beauftragten für Aussiedlerfragen und Nationale Minderheiten Hartmut Koschyk. Ich möchte mich bei ihm und natürlich bei der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen herzlichst bedanken, dass ich an der Tagung mitwirken konnte.

 

Aus dem Inhalt

 

Ungarndeutsche Momente in Bildern

Zum neunten Mal ging „Blickpunkt – Wettbewerb der Bilder“ in der Budapester Kunsthalle zu Ende. Wie gewohnt, wurden alle Bilder am 12. November gezeigt bzw. die in die Endrunde gelangten Werke ausgestellt. Die Juroren hatten keine leichte Aufgabe beim Ermitteln der diesjährigen Preisträger. Beim Wettbewerb geht es ja nicht nur darum, das schönste Foto, Archivbild oder die schönste Postkarte einzureichen, sondern das Werk soll auch etwas über die Ungarndeutschen aussagen. 282 Beiträge sind eingetroffen und in der Kategorie Blickpunkt-Selfie-Instagram weitere 103. Auch dieses Jahr erwies sich die Vorstellung des Wandkalenders für 2017 als ein Höhepunkt der Veranstaltung, und als Überraschung präsentierte Direktorin Monika Ambach den Blickpunkt-Bildband, der die hundert aussagekräftigsten Bilder aus den ersten fünf Jahren des Wettbewerbs beinhaltet.

 

10. Kulturwoche am Germanistischen Institut der ELTE

Bei großem Interesse seitens der Dozenten und Studenten sowie weiterer Personen wurde vom 7. bis 10. November die 10. Kulturwoche des Budapester Germanistischen Instituts abgehalten. Die Jubiläums-Kulturwoche wurde wegen des Gedenkjahres auch Martin Luther gewidmet. Prof. Michael Prosser-Schell aus Freiburg sprach über das Schicksal der vertriebenen Ungarndeutschen, wie sie sich in der alt-neuen Heimat zurechtgefunden haben und ein neues Leben aufbauen konnten. Er schilderte gemeinsame Wallfahrten, den Kontaktaufbau zueinander, und zitierte Medienberichte aus der damaligen Zeit. Die Ungarndeutschen wurden, wie andere Vertriebene aus Osteuropa, ohne Rücksicht auf Herkunftsgemeinde oder Konfession untergebracht, oft wurden Familien voneinander getrennt.

 

Das Leben des Pfarrers Franz Napoleon Spannagel

Einer der ältesten Grabsteine auf dem Soltvadkerter Friedhof erinnert an den 1855 verstorbenen evangelischen Pfarrer Franz Napoleon Spannagel. In seiner Dienstzeit wurde die heutige evangelische Kirche eingeweiht (1837). Sein Tod im Alter von 47 erfolgte aus dienstlichen Gründen. Die damals tobende Cholera-Seuche verschonte ihn nicht. Die Beerdigungen der Verstorbenen fanden in den Häusern statt, so wurde sowohl er als auch sein katholischer Kollege infiziert.

 

Außerordentliche Vollversammlung der GJU

Eine außerordentliche Vollversammlung der GJU fand in Hartau statt. Die beiden Vizepräsidentinnen Mirella Ángyán und Mónika Takács haben abgedankt. Es gab drei Bewerbungen um die zwei Posten. Nach der Vorstellung der Kandidaten folgte die geheime Abstimmung. Die Vollversammlung hat Bettina Emmert (Baje) und Martin Surman-Majeczki (Hartian) zu Vizepräsidenten gewählt.

 

Drei Projekttage – Ein Thema: Das Ungarndeutschtum

Unter der Leitung und in Organisation von Dr. Maria Erb vom Ungarndeutschen Forschungs- und Lehrerbildungszentrum am Germanistischen Institut der ELTE in Budapest nahmen zwischen dem 2. und 4. November etwa 30 engagierte Lehramt- und Germanistikstudenten an Projekttagen teil. Im Freilichtmuseum von Sankt Andrä haben die Studenten über die Lebensweise, Einrichtung und Schicksal der Ungarndeutschen erfahren. Am zweiten Projekttag fanden im Wuderscher Jakob-Bleyer-Museum Vorträge rund um das Ungarndeutschtum statt. Für den dritten Projekttag waren unterschiedliche Programme im Totiser Ungarndeutschen Museum vorgesehen.

Brücken zwischen Gemeinschaften – Kulturgala in Nordungarn

Dass die ungarndeutsche Kultur trotz dieser Schicksalsprüfungen weiterlebt und auf hohem Niveau gepflegt wird, dafür war das Kulturprogramm ein schlagender Beweis.

Stipendien an Nationalitätenschüler übergeben

Bereits seit 2011 vergibt das Ministerium für Humanressourcen jährlich ein Stipendium an sozial benachteiligte Schüler von Nationalitätenschulen mit besonders guten schulischen Leistungen, um sie auf ihrem weiteren Bildungsweg zu unterstützen. Stipendien können Schüler anhand der Empfehlung ihrer Schulen beantragen und zwei Jahre lang, bis zur Matura, erhalten.