21. Landesgala am Tag der ungarndeutschen Selbstverwaltungen
„Ein neues Jahr des Lebens heißt: neue Gnade, neues Licht, neue Gedanken, neue Wege zum Ziel…“ – mit den Neujahrsgedanken von Otto Riethmüller, einem deutschen Geistlichen des 19. Jahrhunderts, hieß Moderatorin Krisztina Szeiberling die Gäste der 21. Landesgala im Budapester Kongresszentrum willkommen.
„Wir haben im vergangenen Jahr viel gearbeitet, und auch einiges erreicht“, stellte Otto Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, fest. Ein Schwerpunkt der Bemühungen waren die Festigung und Weiterentwicklung des Institutionsnetzes, ein anderer lag auf der Herausbildung einer korrekten Erinnerungskultur. Die deutschen Selbstverwaltungen haben weitere Bildungseinrichtungen in ihre Trägerschaft übernommen, die LdU konnte die Renovierung der Deutschen Bühne in Seksard abschließen und mit der Erneuerung ihres Ferienlagers beginnen. Man arbeitet derzeit mit dem Parlamentssprecher und dem Ungarndeutschen Pädagogischen Institut an der Stärkung der Kindergartenpädagogen-Ausbildung“, führte Heinek aus. „Dem würdigen Gedenken dienten die zahlreichen Veranstaltungen anlässlich der 70. Jahrestage der Vertreibung und der Verschleppung. In sehr vielen Ortschaften sind Gedenktafeln errichtet worden, es sind mehrere Publikationen erschienen. Wir waren bestrebt, vor allem die junge Generation zu erreichen, was uns mit dem Wanderbündel, der dutzende Schulen erreicht hat, zum Großteil auch gelungen ist. Und es gibt auch Fortschritte bei der in Wudersch geplanten ständigen Ausstellung der Verschleppung und der Vertreibung“, sagte der LdU-Vorsitzende, der auf zwei bedeutende Jubiläen im neuen Jahr hinwies: auf 500 Jahre Reformation und den 150. Jahrestag des österreichisch-ungarischen Ausgleichs. Beide bieten Gelegenheit, die Rolle der Ungarndeutschen zu beleuchten.
Die „entscheidende Rolle“ der Ungarndeutschen in den deutsch-ungarischen Beziehungen würdigte in seiner Festrede der Schirmherr der Veranstaltung, Parlamentsvizepräsident Gergely Gulyás, der die hiesigen Deutschen als „Urnationalität“ bezeichnete, die seit tausend Jahren Ungarn bereicherten.
Zu Ehren des 500. Jahrestages der Reformation erklang das wunderschöne Kirchenlied „Großer Gott, wir loben dich“, gesungen vom Chor des Evangelischen Gymnasiums „Sándor Petőfi“ in Bonnhard, Chorleiterin ist Szilvia Stargl, einstige Schülerin der 2015 verstorbenen hervorragenden Musikpädagogin Theresia Rónai. Und die Intendantin der Deutschen Bühne Ungarn Ildikó Frank trug Gottfried Kellers Werk „Reformation“ und einen Auszug aus Hans Sachs‘ Gedicht „Die Wittenbergische Nachtigall“ vor.
Vier verdiente Jugendliche – Bettina Emmert, Nikolett Ágnes Magyar, Richard Schneider und Matthäus Rauschenberger – erhielten den „Valeria-Koch-Preis“. Den Preis – der nach der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch benannt wurde – überreichten László Schindler, Vorsitzender des Bildungsausschusses, und Emil Koch, Vorsitzender des Jugendausschusses der Landesselbstverwaltung.
Mit dem Valeria-Koch-Peises ausgezeichnet: Richard Schneider, Nikolett Ágnes Magyar, Bettina Emmert und Matthäus Rauschenberger
Das Galaprogramm gestalteten hervorragende Kulturformationen: die Großturwaller Musikanten, die Petschwarer Jugendblaskapelle, der Gannaer Frauenchor und der Chor des Evangelischen Gymnasiums „Sándor Petőfi“, die Mohatscher Kindertanzgruppe „Krümel“, der sechsköpfige Gesangskreis des Ungarndeutschen Bildungszentrums Baje „UBZ-Nachtigallen“ und die 40 Jahre alte Ungarndeutsche Tanzgruppe aus Maratz.
Auf der Neujahrsgala bekamen die höchste Auszeichnung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, die „Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum“, Georg Ahmann, Frau Anna Gáspár-Kerner und Franz Heves. Die Auszeichnungen übergab LdU-Vorsitzender Otto Heinek.
Ausgezeichnet mit der Ehrennadel 2017: Georg Ahmann, Anna Kerner-Gáspár, LdU-Vorsitzender Otto Heinek und Franz Heves
Ausgezeichnet mit der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum
Für seine Verdienste im Erhalt des musikalischen Erbes der Ungarndeutschen ging die Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum an den Musikpädagogen und Kapellmeister Georg Ahmann.
Georg Ahmann kam 1940 in Bawaz (Branau) zur Welt und lebt auch heute noch in seinem Geburtsort. Mit 16 Jahren trat er der örtlichen Blaskapelle bei und übernahm nach zehn Jahren deren Leitung. Um auch die Kinder und Jugendlichen des Dorfes in ihrer ungarndeutschen Identität zu stärken, initiierte er 1969 die Gründung einer Pionierblaskapelle in der Grundschule. Beispielgebend war, dass diese Kapelle als allererste im Lande schon in den 70er Jahren in der deutschen Volkstracht auftrat. Mit der Zeit verzeichnete das Ensemble unzählige schöne Erfolge im In- und Ausland. Georg Ahmann ist auch einer der Wegbereiter der ungarndeutschen Volkstanzbewegung: in Zusammenarbeit mit namhaften Choreographen setzte er sich für die Sammlung musikalischer Motive ein, die in mehreren ungarndeutschen Volkstanzchoreographien verewigt sind. Nicht nur sein Heimatort, sondern auch die Rotweinstadt Willand ist Georg Ahmann für seinen Einsatz dankbar: die von ihm gegründete Willander Jugendblaskapelle wird derzeit von seinem Sohn geleitet. Ahmanns Engagement ist seit seinem 16. Lebensjahr ungebrochen: obzwar er mittlerweile Rentner ist, setzt er sich als Musiklehrer und Kapellmeister der Jugendblaskapelle Bawaz immer noch tagtäglich aktiv für die Kulturpflege ein.
Für ihre besonderen Verdienste auf dem Gebiet der Weiterentwicklung des ungarndeutschen Bildungswesens erhielt die höchste Auszeichnung der Ungarndeutschen Anna Gáspár-Kerner.
Frau Kerner wurde in Seik (Branau) geboren, absolvierte ein Studium als Grundschullehrerin für Deutsch und Mathematik und studierte anschließend noch Geographie und Staatsverwaltung. Die innovative Lehrerin begann ihre Laufbahn in den ungarndeutschen Ortschaften Ketsching und Schomberg und wechselte dann in die Grundschule von Bohl. Diese Bildungseinrichtung war landesweit die erste, an der – unter aktiver Mitwirkung von Frau Kerner – der zweisprachige Unterricht eingeführt wurde. 1992 übernahm sie die Leitung des Fünfkirchner Lenau-Hauses. Als Leiterin war sie bestrebt, neben kulturellen Veranstaltungen auch sprachliche und methodische Fortbildungen für Deutschlehrkräfte zu organisieren. Mit Überzeugung engagierte sie sich für die Entwicklung des kommunikationsorientierten Deutschunterrichts und förderte den Ausbau eines fachlichen Netzwerks mit Unterrichtsakteuren des deutschsprachigen Auslands. Tatkräftig wirkte sie am Ausbau des deutschsprachigen Laientheaterwesens in Ungarn und an der Ausarbeitung eines professionellen Fortbildungsprogramms für Volkstanzpädagogen mit. Ab 1996 war Frau Kerner-Gáspár im Bildungsministerium für die deutsche Nationalität zuständig. Als Co-Vorsitzende der Ständigen Unterkommission der Deutsch-Ungarischen Kulturkommission sorgte sie für die gute Zusammenarbeit mit deutschen Mittlerstellen und für die Durchsetzung der ungarndeutschen Interessen. Sie ist 2011 in den Ruhestand getreten, dennoch weiterhin aktiv: Sie leitet die Deutsche Selbstverwaltung von Kleinpesth, ist Mitglied der Deutschen Selbstverwaltung Budapest und Vorsitzende deren Ausschusses für Bildung, Kultur und Medien sowie auch Mitglied des Stiftungsrates der Trägerstiftung des Ungarndeutschen Bildungszentrums Baje.
Die Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum wurde dem Bildungsexperten, Pädagogen und Lehrbuchautor Franz Heves verliehen. Franz Heves befasste sich während seiner ganzen beruflichen Laufbahn mit dem ungarndeutschen Unterrichtswesen und setzte sich für die Ausarbeitung von deutschen Lehrplänen und für die Erstellung deutschsprachiger Lehrbücher ein. Nach dem Studium als Grundschullehrer für Deutsch und Musik wurde Franz Heves in den Komitaten Raab-Ödenburg und Eisenburg Fachinspektor für Deutsch. Franz Heves war während seiner Laufbahn als Lehrkraft an Universitäten, als Sprachlehrer und pädagogischer Leiter einer Sprachschule und auch als Büroleiter des Landesinstituts für Pädagogik tätig. Zu seinem vielfältigen Tätigkeitsbereich gehörten Herstellung und Korrektur von fachlichen Dokumenten und Lehrmittelkonzepten, Organisation von Schülerwettbewerben und Lehrerfortbildungsprojekten im In- und Ausland sowie auch die fachliche Leitung der Fachinspektoren für Deutsch in ganz Ungarn. Vor seiner Pensionierung arbeitete er neun Jahre lang als Bildungsreferent der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Zahlreiche Publikationen zeugen von seinem beeindruckenden Schaffen. Der in Mörbisch am Neusiedler See geborene und in Ödenburg-Wandorf aufgewachsene Franz Heves hat sich nach Ende seiner beruflichen Laufbahn erneut in seiner Heimatstadt Ödenburg niedergelassen.
Herzliche Gratulation allen Ausgezeichneten!
Aus dem Inhalt
Kalt und modisch
„Habe heute meinen wärmsten Pulli angezogen“ – bei den aktuellen Temperaturen überraschen solche und ähnliche Aussagen nicht. Man achtet nun eher nicht auf die Mode, sondern auf die Witterung: mehrere Schichten aufeinander farblich abzustimmen wird nun zweitrangig. Erbarmungslos kalt ist es draußen, eisige Temperaturen, unfreundlich, stiefmütterlich, rücksichtslos eisig. Heimtückisch kann auch die Erkältung sein, die man sich zuzieht. Hartnäckig, schonungslos, brutal zieht sie sich über Wochen hin, und der einzige Anker ist das warme Bett mit heißem Tee, und man fühlt sich überfordert, falls es heißt hinausgehen zu müssen oder sollen.
In memoriam Dr. Judit Szolcsányi-Küpry 1945 – 2016
Das Leőwey-Gymnasium, Schüler und Kollegen trauern um Direktorin a. D. Dr. Judit Szolcsányi-Küpry. Am 28. Dezember 2016 starb sie an den Folgen einer schweren Krankheit. Der Deutsche Nationalitätenklassenzug am Klára-Leőwey-Gymnasium Fünfkirchen war ihre Herzensangelegenheit, auch wenn sie keine Ungarndeutsche war.
Und was hat das mit mir zu tun? – Eine Spurensuche der besonderen Art
Eine alte berühmte ungarische Adelsfamilie, unter deren Mitgliedern vielleicht Lajos Batthyány, der erste Ministerpräsident Ungarns, den größten Bekanntheitsgrad besitzt, da er zeitgleich mit den Märtyrern von Arad hingerichtet wurde. Doch Sacha Batthyanys Buch deckt durch seine Familiengeschichte Ereignisse des 20. Jahrhunderts auf: Er legt sich bei einem Psychoanalytiker auf die Couch, um seiner Identität auf den Grund zu gehen. „Und was hat das mit mir zu tun?“ ist die zentrale Fragestellung, ob Vergangenes unserer eigenen Familiengeschichte die Haltung der Enkelgeneration, ihr Weltbild beeinflusst?
Das Grabmal auf dem Budakesser Friedhof, das nicht in Vergessenheit geraten darf
Fast in jeder Siedlung gibt es „geheime“ Gedenkstätten, die die älteren Leute sehr gut kennen, sogar verehren, von denen die Jugendlichen aber kaum eine Ahnung haben. Eine solche Stelle ist das Grabmal von S. J. Kálmán Torma (1914 – 1937) auf dem Budakesser Friedhof, nördlich der Leichenhalle. Der Jesuitenbruder Torma führte im Korányi-Sanatorium in Wudigess als Kranker ein aufopferungsvolles Leben und bekehrte andere Kranke zum christlichen Glauben. Über seine Leidensgeschichte und Krankheit führte er ein wertvolles Tagebuch.
Stipendium Palatinum
Am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) in Mainz ist das von der Evangelischen Kirche der Pfalz geförderte Stipendium Palatinum für einen Forschungsaufenthalt in Mainz ab April 2017 oder später zu vergeben. Das Stipendium Palatinum richtet sich an evangelische TheologInnen aus Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa, die von ihren Heimatuniversitäten aus 2017 für drei oder vier Monate ein eigenständiges Forschungsprojekt zur europäischen Geistes-, Kirchen- und Theologiegeschichte am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz durchführen wollen.
Ein Barockbildhauer im Wiener Belvedere
Der geniale Bildhauer und Holzbildhauer Johann Georg Pinsel (1720? – 1761) stammte vermutlich aus Österreich oder Schlesien und ließ sich im Königreich Polen-Litauen nieder und gründete eine Familie. Die Region gehörte damals zur Wojwodschaft Ruthenien mit der Hauptstadt Lemberg (Lwów/Lwow/Lwiw), die über das Magdeburger Stadtrecht und das entsprechende Selbstbewusstsein einer autonomen Bürgerstadt sowie über die ökonomischen Vorteile einer Handelsstadt verfügte.
Gala in Komitat Wesprim
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.
„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDen Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.
„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.
300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDie Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.
Weinlese 2024 – Ernte mit Hitzeschlag
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterIn Nadwar waren die staubigen Wege zu den Weinbergen voller Traktoren und eifriger Winzer, es herrschte ein reges Treiben im Kellerdorf. Bis Ende August waren fast alle Trauben schon geerntet, weit vor der üblichen Zeit. „Fast einen Monat früher mussten wir alles lesen“, erzählen die Winzer, die bemüht sind. den Most im Gleichgewicht zu halten. Die Hitze ist man bei diesen Arbeitsvorgängen nicht gewohnt, Umdenken und schnelles Reagieren sind gefragt. Zwar ist die Qualität meist gut, auch wenn die Trauben weniger Saft tragen, aber die Mengen werden wegen der schonungslosen Hitze auf jeden Fall geringer ausfallen.