Martin Stock aus Saar: „Die Heimat ist nicht ein Land, sie lebt in uns“

Martin Stock aus Saar

Der junge Lehramtstudent der ELTE, Martin Stock (Foto), wollte schon von klein auf Lehrer werden und ist vielseitig in die Traditionspflege seiner Heimatgemeinde Saar eingebunden. Martin Stock stammt aus einer ungarndeutschen Familie, in der die Urgroßeltern väterlicherseits noch die örtliche bairische ua-Mundart sprechen. Sie spielen in seinem Leben eine sehr wichtige Rolle, „wir verbringen sehr viel Zeit miteinander“, sagt der Student. Die Eltern waren jung, als die Kinder geboren wurden, und wenn sie arbeiten mussten, wurden die Kinder immer von den Urgroßeltern beaufsichtigt.  Martin Stock meint: „Das hat mich geprägt. Ich sage immer, ich habe eigentlich drei Väter und drei Mütter, denn sie alle, meine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, haben bei meiner Erziehung mitgewirkt. Meine Familie ist mir sehr wichtig.“ Zu Hause wird die Mundart nicht gesprochen, aber verstehen kann er sie noch. Früher hat es geheißen, wenn die Kinder etwas nicht verstehen sollten, wurde es schwäbisch gesagt. „Ich bin Ungarndeutscher, die Abstammung ist mir wichtig, obwohl die Ungarndeutschen nicht eine Heimat haben, sondern eigentlich zwei, Deutschland und Ungarn. Ich denke, die Heimat ist nicht ein Land, sondern sie lebt in einem. Wir bewahren sie in uns.“
Die Traditionspflege wird in Saar großgeschrieben, die meisten Kinder lernen schon im Kindergarten die örtlichen Bräuche und Tänze kennen. Seit mehr als 15 Jahren ist Martin Stock Mitglied der örtlichen Tanzgruppe. Gemeinsam mit seinem Bruder Szabolcs und einer Tänzerin, Viktoria Nagy, sind sie für die Nachwuchsförderung der Tanzgruppe zuständig. Martin ist Koordinator. Zu den kleinen Tänzern hat er guten Kontakt ausgebaut und so bereits vor seinem Studium viele praktische Kenntnisse darüber gesammelt, wie er mit Kindern zusammenarbeiten kann. Die Gruppe organisiert jedes Jahr ein Sommercamp, um die Tanzlust bei den Kindern aufrechtzuerhalten, woran natürlich auch die Koordinatoren teilnehmen. Die Saarer Tanzgruppe ist mit  ihren 170 Mitgliedern der größte Verein der Gemeinde: 10 Prozent der Einwohner sind Mitglieder. Das gemeinsame Tanzen bestimmt schon von Kindesalter an das Leben der Saarer, in fast jeder Familie gibt es Mitglieder. Die Tanzgruppe gibt die Zeitschrift „Táncos újság“ heraus. Diese Zeitschrift ist voll mit Themen rund um die Tanzgruppe und unterschiedlichen Veranstaltungen, wo sie teilnimmt. Sie ist überwiegend in Ungarisch, aber es gibt mittlerweile auch deutsche Inhalte. Martin Stock ist für den deutschen Teil der Zeitung zuständig. Zu berichten haben die Tänzer viel, sie haben in den vergangenen Jahren ganz Europa bereist und nehmen auch regelmäßig am internationalen Treffen Europeade teil. Stock ist leidenschaftlicher Musiker, spielt Tenorhorn und singt gern. 2011 gründete er mit seinen Freunden aus der Tanzgruppe die Kapelle  „Saarer Musikanten“, mit der sie regelmäßig auftreten.
Neben dem Tanzen und Musizieren hat er vor einiger Zeit auch ein kleines Projekt mit seinem Bruder Szabolcs gestartet: Sie schreiben ein Dialektwörterbuch. Der Inhalt wird anhand von Tonaufnahmen zusammengestellt, die sie bei ihren Urgroßeltern machen. Sie versuchen so viel wie möglich von der Mundart zu bewahren, bisher haben sie twa 40 DIN A/4- Seiten Stoff beisammen. Nicht nur Wörter und Ausdrücke, sondern auch „Spruchsogn“ (Sprichwörter) und Volksliedertexte sammeln die Stocks, die sie anhand der während dem Studium gesammelten Kenntnisse von Martin auch mit etwas Grammatik und Erklärungen ergänzen werden. Martin Stock möchte nach seinem Abschluss im Totiser Gymnasium unterrichten und auch weiterhin aktiv in seiner Heimatgemeinde tätig sein.

GS

 

Aus dem Inhalt

 Der aktuellen Neuen Zeitung ist die Signale (33. Jahrgang, Nr. 1), die Beilage für Literatur und Kunst, beigefügt

 

„Das Vergessen ist Exil, die Erinnerung ist Befreiung …“ Geschichtstagung für Pädagogen über Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen

Eine Enttabuisierung des historischen Ereignisses „Malenkij Robot“ – das war das Ziel der Geschichtstagung und Lehrerfortbildung und des Museumstags, einer dreitägigen Veranstaltungsreihe vom 10. – 12. November im Fünfkirchner Valeria-Koch-Bildungszentrum über den Leidensweg der Ungarndeutschen zwischen 1944 und 1948. Zur vom Bildungszentrum, vom Stiftungslehrstuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa der Universität Fünfkirchen, von der ZfA (Zentralstelle für das Auslandsschulwesen) und vom Janus-Pannonius-Museum gemeinsam ausgetragenen Konferenz kamen vor allem Geschichtslehrer der Schulen der deutschen Nationalität. Ihre gemeinsame Angelegenheit ist es nämlich zu erreichen, dass das Thema der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen im Geschichtslehrstoff korrekt und würdig behandelt wird.

 

Hercel-Tanzgruppe wurde ausgezeichnet

Der Komitatstag Pesth hat am Tag des Komitats, am 4. Dezember, auch heuer Zivilpersonen und Organisationen ausgezeichnet, die auf ihrem Gebiet hervorragende Leistungen für das Gemeinwohl im Komitat erbracht haben.
Den Preis „Für die Nationalitäten“ hat dieses Jahr die Hercel-Tanzgruppe aus Hartian/Újhartyán erhalten. Die Tanzgruppe wurde 1991 gegründet und hat eine führende Rolle in der Pflege, Bewahrung und Vermittlung der ungarndeutschen Traditionen im Komitat Pesth.

 

Alles ist dort geblieben

Die den deutschen Minderheiten gewidmete Ausgabe der Zeitschrift Pro Minoritate und eine außergewöhnliche Fotoausstellung waren Themen der Zentrum-Veranstaltung am 1. Dezember im Haus der Ungarndeutschen. Direktorin Monika Ambach hob hervor, dass der Abend in Zusammenarbeit mit dem Balassi-Institut in Bukarest und dem Stiftungslehrstuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Fünfkirchen realisiert werden konnte. Über wissenschaftliche Forschungen anlässlich des 70. Gedenkjahres der Vertreibung sprach Otto Heinek, der Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Referate der Gedenkkonferenz am 19. Januar in Wudersch wurden in der vorgestellten Ausgabe der Zeitschrift Pro Minoritate veröffentlicht.

Schwäbische Speisen aus Sebegin

Sparsam und einfach kochen – lautet die Devise für die ungarndeutsche Küche. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Speisen nicht ergiebig gewesen wären. Die Kochrezeptsammlung aus Sebegin/Zebegény stellt die aus der Urheimat mitgebrachten Küchentraditionen sowie die Speiseordnung je nach Wochentagen vor, wobei hauptsächlich selbst angebaute Gemüsesorten zum Kochen verwendet wurden. Die einstige Speiseordnung – Montag war der Nulltoog, Dienstag der Krauttoog, mittwochs aß man Fleischgerichte, Donnerstag galt als Knelltoog, Freitag war der Bohnentoog, Samstag der Grombientoog und am Sonntag wurde natürlich gefeiert (Faiertoog) – könnte auch heute als ausgewogener Speiseplan empfohlen werden. Vieles wurde dabei von der ungarischen Küche übernommen, wie Paprikahuhn, Gulasch usw.

 

Advent in Neuofen

Die Förderung der zwei Kindergärten und zwei Grundschulen mit Deutsch als Nationalitätenfach im XI. Bezirk der Hauptstadt ist vorrangiges Ziel der Neuofener Deutschen Selbstverwaltung, sagte Vorsitzender Franz Imreh bei der Bürgeranhörung und der traditionellen Adventsfeier am 7. Dezember in der Aula der Grundschule in Gazdagrét (Reiche Ried). Bei der Adventsfeier präsentierten deutschlernende Kinder aus den vier Bildungsinstitutionen ihr Weihnachtsprogramm. Zwei Deutschlehrerinnen erhielten den Preis der Deutschen Selbstverwaltung „Deutschlehrerin des Jahres“, der mit einer Geldprämie verbunden ist: Frau Szendefiné Erzsébet Sohajda aus der Grundschule in Reiche Ried und Ágnes Blaha  von der Teleki-Blanka-Grundschule.

 

GJU-Adventsbacken 2016: „Hier kann man richtig wertvolle Zeit verbringen“

Zum Adventsbacken von 2. bis 4. Dezember in Nadasch erwartete die GJU die Jugendlichen, die sich für traditionelles Kochen und Backen in adventlicher Stimmung interessieren. In der Abwicklung des Wochenendes haben diesmal die Freunde vom Verein für Ungarndeutsche Kinder (VUK) geholfen. Zusammen mit ihnen konnten die Teilnehmer nette Weihnachtsgeschenke anfertigen. Nadasch ist traditionell ein beliebter Ort für GJU-Veranstaltungen. Die Siedlung konnte noch in vieler Hinsicht ihren traditionellen Charakter behalten. Es gibt viele örtliche Vereine, die das Pflegen der ungarndeutschen Traditionen für wichtig halten. Deshalb ist Nadasch immer ein sehr inspirierender Schauplatz für die GJU-Programme.

 

Aroma, das aus der Kälte kommt: Ungarische Weißweine sind so gut wie nie – Hightech und Klimawandel tragen dazu bei

In Wadkert/Soltvadkert wurden schon auf der Militärlandkarte des Habsburgerkaisers Joseph II. Ende des 18. Jahrhunderts Weinberge gekennzeichnet. So wurde das alltägliche Getränk für die Einwohner gesichert. 100 Jahre später aber zog eine vernichtende Seuche der Weinwurzeln durch das Land: die Phylloxera (Reblaus). Sie machte die Weinplantagen für mehrere Jahrzehnte kaputt — außer denen auf dem Sandboden in der Tiefebene. Dank den damals errichteten Eisenbahnlinien zw. Budapest und Szegedin bzw. Budapest und Maria-Theresiopel konnte der Wein schon in weite Städte geliefert werden. Dabei spielten jüdische Kaufleute eine wichtige Rolle, die durch ihr Handelsnetz an der Jahrhundertwende zum wirtschaftlichen Aufschwung dieser Gegend beitrugen. Die Wadkerter waren eine gemischte, deutsche Bevölkerungsgruppe, deren Mitglieder aus mehreren Gegenden herkamen, einen dem Hartaischen ähnlichen Dialekt sprachen und sich durch ihren Fleiß auszeichneten. Sie bepflanzten auf dem Treibsand Hunderte von Hektaren mit Weinreben und widmeten ihr Leben diesem Wirtschaftszweig.