Über das Schicksal der Ungarndeutschen in Berlin – Gedenktag der Opfer von Flucht und Vertreibung
Seit 2015 gedenkt die Bundesregierung jedes Jahr am 20. Juni der Opfer von Flucht und Vertreibung. Am 20. Juni 2019 konnte ich an der Vorveranstaltung zum Gedenktag von Flucht und Vertreibung, an der Podiumsdiskussion im Konferenzzentrum des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat und auch an der anschließenden offiziellen Gedenkstunde im Deutschen Historischen Museum teilnehmen.
Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen
Am Vormittag begegneten sich Zeitzeugen, junge Erwachsene und Schüler im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, um über das Schicksal der vertriebenen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zu reden. In diesem Jahr stand das Schicksal der Ungarndeutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in sowjetische Gefangenschaft gerieten und später – aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit – in den ungarischen Internierungslagern erneut Zwangsarbeit leisten mussten, durch das Gespräch mit Georg Richter im Mittelpunkt. In meiner Dissertation habe ich sein Schicksal eingehend bearbeitet, und als wir uns im Jahre 2017 auch persönlich treffen konnten – und ich ihm seine Akten aus den Jahren 1950 – 1953 aus dem Archiv der ungarischen Staatssicherheitsdienste überreichen konnte –, war dieser Moment für uns beide, für die Erlebnisgeneration und für die Enkelgeneration, unvergesslich. Georg Richter war an diesem Gedenktag ein besonderer Gast, ein Brückenbauer, ein Zeitzeuge, der viel zu erzählen hatte.
Die Rolle der Zeitzeugen betonte der Parlamentarische Staatssekretär beim BMI, BdV-Vizepräsident Stephan Mayer, und sprach über eine aktive Erinnerungskultur – gerade für die jungen, heranwachsenden Generationen. Neben Georg Richter aus Nadwar (92 Jahre alt, lebt in Ulm) stellten sich die Zeitzeugin Dr. Maria Werthan, Präsidentin des Frauenbundes des Bundes der Vertriebenen, die russlanddeutsche Social Media-Aktivistin Irina Peter und der Organisator des Brünner Gedenk- und Versöhnungsmarsches Jaroslav Ostrcilík den Fragen der Schüler aus Deutschland und Rumänien. Dr. Gundula Bavendamm, Direktorin der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, moderierte die Gespräche ausgezeichnet.
Offizielle Gedenkstunde
Bei der Gedenkstunde am Nachmittag im Zeughaushof des Deutschen Historischen Museums in Berlin würdigte Bundesinnenminister Horst Seehofer die Lebensleistung der deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus der Erfahrung der Vergangenheit heraus sei dieser Gedenktag eine Mahnung, ein Weckruf für die Gegenwart, Demokratie brauche Erinnerung, meinte Seehofer. Anschließend folgten ein Grußwort und ein Gebet von Bischof Reinhart Guib, Evangelische Kirche A. B. in Rumänien.
Die Geschichte eines am Ende des Zweiten Weltkrieges erst sieben Jahre alten Mädchens erzählte Dominik Bartsch, Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Deutschland. Das Mädchen musste mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern die Heimat verlassen. Während der Flucht ist sein jüngerer Bruder (Säugling) gestorben, ruht also in einem fremden Land. Dieses Mädchen ist heute 80 Jahre alt. Bartsch erinnerte mit bewegenden Worten an die heutigen siebenjährigen Mädchen, die aus ihrer Heimat flüchten müssen. „Während ich hier rede, werden weiter Menschen verfolgt“, sagte Bartsch.
Professor Aleida Assmann, Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2018, hob in ihrer Ansprache die Rolle der Erinnerungskultur hervor, die in allen betroffenen Ländern, also grenzübergreifend, stattfinden soll. Im Schlusswort erinnerte Dr. Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, das Publikum an den Winter 1945, an die Zeit der Flucht und Vertreibung der Deutschen, und an die Zeitzeugen, die uns vom Kampf ums Überleben berichteten. Dieses Unrecht, das rund 15 Millionen Deutschen widerfahren ist, und dessen Folgen haben unsere Identität ganz erheblich geprägt, unterstrich Fabritius. Jede Vertreibung, jede ethnische Säuberung – gleichgültig wo, wann und warum – sei immer ein Verbrechen, betonte Fabritius und war der Meinung, dass Europa den Tatbestand der Vertreibung für die Zukunft sanktionsfähig normieren muss.
Musikalisch wurde die Gedenkstunde von der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker durch die Werke der Komponisten S. Prokofiev, M. Weinberg und K. Weill umrahmt. Nach dem Programm konnten die Gäste beim Empfang über diese Themen Gespräche führen.
Dr. Kathi Gajdos-Frank
Foto: Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion im BMI 2018 (v.l.): Tilman Fischer, Renate Zajączkowska, Stephan Mayer, Dr. Gundula Bavendamm, Weihbischof em. Gerhard Pieschl und Dr. Hajnalka Gutai (Foto: Marc-P. Halatsch/BdV).
Aus dem Inhalt
“Vernetzen – fördern – befähigen” – Tätigkeiten und Aufgabenbereiche des UDPI-Büros in Budapest
„Vernetzen – fördern – befähigen“, so lautet das Motto des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts (UDPI): Die ungarndeutschen Kindergärten, Grundschulen, Gymnasien und Schulzentren werden durch das UDPI vernetzt, die Umsetzung ihrer pädagogischen Aufgaben anhand von Fortbildungen und Beratungen gefördert, damit die Institutionen hinsichtlich der neuen Herausforderungen im 21. Jahrhundert befähigt werden, im Dienst des Ungarndeutschtums gestärkt zu erziehen und zu unterrichten. Das UDPI mit Sitz in Fünfkirchen und einem zusätzlichen Büro in der Hauptstadt wird von der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) getragen.
Erste Abschlussprüfung des beruflichen Zweigs an der Audi Hungaria Schule Raab
Im Rahmen einer Feierstunde am 21. Juni erhielten die Absolventen neben dem Landesabschluss der ungarischen Industrie- und Handelskammer mit der Berufsbezeichnung „Fremdsprachige Industriekaufleute“ auch das Zertifikat „Deutsche duale Berufsbildung im Ausland“. Die Überreichung dieses begehrten Zertifikats der höchsten Qualitätskategorie des deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) wurde durch den geschäftsführenden Vorstand der deutsch-ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK), Gabriel Brennauer, vorgenommen.
Ödenburger Familien im Porträt – Die Franks
Im Evangelischen Lyzeum zu Ödenburg/Sopron wohnte NZ-Autorin Dr. Judit Bertalan einer Gedenkveranstaltung für Valeria Koch bei. Dort lernte sie einen interessierten, wissbegierigen jungen Mann namens Ágoston kennen, der erzählte, dass er sich für Ahnenforschung interessiere und dass für ihn die Traditionen und die bürgerlichen Werte der Stadt sehr wichtig seien. All das weckte ihr Interesse, sie wollte mehr über ihn wissen. Als sie ihn kontaktierte, sagte er, er würde gerne seinen Vater, Dr. Norbert Frank, zum Treffen mitbringen. Es stellte sich heraus, dass beide der Ahnenforschung frönen, ja diese für sie fast schon eine Sucht ist.
Josef Balings Denkmal im Heimatdorf
Josef Baling (1928 – 2016), langjähriger für Kultur zuständiger Vizevorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Vorsitzender des Verbandes Ungarndeutscher Selbstverwaltungen der Branau, Gründungsvorsitzender des Landesrates Ungarndeutscher Chöre, Kapellen und Tanzgruppen, liegt auf dem Friedhof seiner Heimatgemeinde Feked begraben. Nun wurde dem Ehrenbürger auch ein Denkmal gestellt, das am 16. Juni auf dem Kirchhof im Beisein von zahlreichen Weggefährten, Freunden, Kollegen, Mitstreitern und Verehrern enthüllt wurde. Auch bei der vorherigen Messe war die Kirche voll besetzt.
Märchen in der Spinnstube
Die Veranstaltung fand im Rahmen des 19. Völgység-Buchfestivals am 21. Juni in Bonnhard statt. Des Öfteren kommt es vor, dass der Volkstanzverein Kränzlein bei der Eröffnungsfeier des Buchfestivals mitwirkt, bzw. dass Werke mit ungarndeutschem Inhalt präsentiert werden. Alles begann mit der Veranstaltungsreihe „Patschker-Kreis“ der Bonnharder Deutschen Selbstverwaltung im Jahr 2018. Die Zusammenkünfte waren bei den Teilnehmern so beliebt, dass mehrere den Wunsch äußerten, diese monatlichen Treffen doch fortzusetzen. So besteht nun dieses Jahr die Möglichkeit, in die „Spinnstube“ zu gehen.
19. Deutschsprachiges Theaterfestival in Essegg – Die schönste Zeit im Schuljahr
Die Theatergruppe PaThalia junior des Friedrich-Schiller-Gymnasiums Werischwar vertrat Ungarn beim Deutschsprachigen Theaterfestival für Kinder- und Jugendgruppen vom 16. – 19. Juni in Essegg/Osijek (Kroatien). Die zwölf begeisterten jungen SchauspielerInnen des Gymnasiums trafen am Sonntag in den Nachmittagsstunden in Essegg ein, um am Abend der Eröffnungsfeier des Festivals beiwohnen zu können. Gleich am ersten Abend traten zehn Grundschultheatergruppen aus Essegg und Umgebung mit kürzeren und längeren Szenen auf die Bühne
24. Kultur- und Begegnungsfest der Karpatendeutschen in Käsmark – Der Verein Junger Haraster Schwaben vertrat die Ungarndeutschen in der Slowakei
Auf Einladung des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei (KDV – KDJ) gastierte der Haraster GJU-Freundeskreis vom 21. bis zum 23. Juni in unserem nördlichen Nachbarland. Die Haraster Jugendlichen haben die GJU beim größten kulturellen Ereignis der Karpatendeutschen besonders erfolgreich vertreten.
Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön
/in Aktuell, Neue Zeitung /von BachDorottyaIch heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.
Gala in Komitat Wesprim
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.
„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDen Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.
„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.
300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDie Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.