Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön

Ich heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.

Meine Vorfahren hatten sich im 17. Jahrhundert in diesem kleinen Dorf niedergelassen. Meine Großeltern väterlicherseits habe ich nicht gekannt. Mein Großvater starb als Held im Ersten Weltkrieg. Die Großeltern mütterlicherseits habe ich gekannt, aber ich habe nur wenige Erinnerungen an sie, weil ich damals noch klein war. Sie lebten im Nachbardorf Litowr. Es gibt ein Foto, das sie in der Tracht zeigt. Eine meiner liebsten Erinnerungen ist, dass wenn sie aus Liptód kamen, meine Großmutter immer ein Stück Zucker aus der Tasche ihres Unterrocks hervorzauberte, was uns große Freude bereitete.

Leider hatte mein Vater, wie viele Menschen mit deutscher Abstammung, ein sehr schweres Schicksal. Die Männer im Dorf wurden zusammengerufen, sogar Frauen und junge Mädchen waren darunter. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden sie, einschließlich meines lieben Vaters, zur Zwangsarbeit („malenkij robot“) nach Russland deportiert. Zu dieser Zeit war ich vier Jahre alt, und als kleines Mädchen weinte ich jeden Abend mitten im Hof und sagte: „Vater, komm nach Hause!“ Dies ist die schwerste und schmerzhafteste Erinnerung für mich, da mein Vater nie nach Hause kam. So blieb meine Mutter alleine zurück mit zwei Kindern, meinem acht Jahre älteren Bruder und mir. Die Frauen im Dorf erzählten, dass mein Vater im Krankenhaus irgendwo in der heutigen Ukraine lag und seine letzten Gedanken und Worte mir galten: „Oh, wäre doch meine kleine Tochter Liszike hier, sie könnte mir ein Glas Wasser geben.“ Dieser Schmerz des Lebens ohne Vater hat mich mein ganzes Leben lang begleitet.

Die damalige politische Lage brachte weitere große Schwierigkeiten mit sich. Viele Familien wurden nach Deutschland vertrieben, und die Heimatverbliebenen verloren ihre Häuser und ihr Vieh. Davon blieb leider auch meine verwitwete Mutter nicht verschont. Wir hatten ein schönes großes Haus mit einem großen Stall und Hof, aber auch wir mussten unser Haus verlassen. Dies war ein großes seelisches Trauma für uns. Danach wurden wir von zwei verschiedenen Familien im Dorf aufgenommen. Am anderen Ende des Dorfes nahm uns ein älteres Ehepaar für kurze Zeit auf. Ich stand abends oft mitten auf der Straße und weinte laut: „Ich will nach Hause.“ Schließlich bekamen wir ein leeres Haus in der Nähe unseres eigenen Hauses. In der Zwischenzeit wurde ein sehr anständiger Mann namens Imre Császár mit seiner Familie in unserem Dorf als Dorfsekretär eingesetzt. Es war ihm zu verdanken, dass wir später in unser eigenes Haus zurückkehren durften. Es war ein wunderbares Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Meine Mutter erzählte viel über die Großeltern und meinen Vater, und so lernte ich die Lieder meines Vaters („Im Wald ist Lust…“, Ich hab keinen Vater und keine Mutter mehr…“) kennen. Meine liebe Mutter sang auch oft religiöse Lieder, die ich bis heute gerne in meiner Einsamkeit zu Hause singe, und die ich sogar an meine Enkelkinder weitergeben konnte. Zum Beispiel: „Aus Lieb verwundeter Jesu mein…“

Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön. Es gab 3 Zimmer, das vierte Zimmer war das „Allzweckzimmer“, dort kochten, aßen und schliefen wir. Wir hatten auch eine Sommerküche, in der wir im Sommer kochten, Marmelade einkochten usw. In der Sommerküche befand sich der Ofen, in dem meine Mutter Brot und Langosch backte. Der Ofen steht immer noch dort, auch wenn er heute nicht mehr benutzt wird. Von der Sommerküche aus führte eine aus dickem Holz gebaute Leiter zum Dachboden, die noch immer steht. Die Veranda erstreckte sich entlang der gesamten Länge des Hauses. Vor dem Haus standen drei Birnbäume, die zu unterschiedlichen Zeiten Früchte trugen. Als Erwachsene besuchte ich oft mit meinen Kindern das „Zuhause“, und die 3 Birnbäume standen noch lange dort. Die Fensterläden blickten zur Straße, und auch heute noch schmücken dieselben Fenster das Haus. Die „schöne Stube“ wurde nie benutzt. Davor befand sich ein kleiner Raum, von dem aus wir die Veranda betraten.

Wir konnten nur wenige Wertsachen retten. Nur die Liebe, die uns verband, blieb erhalten.

Aus unserer Ehe gingen zwei Söhne hervor: László und Géza. Die Familien meiner beiden Söhne identifizieren sich stark mit der ungarndeutscher Kultur. Zu meiner großen Freude baute einer meiner Söhne gegenüber meinem Elternhaus in Marok ein Haus, das im Stil einem Bauernhaus ähnelt. Die Betonpfosten des Zauns meines Elternhauses hatte noch mein lieber Vater gebaut. Mein Sohn Géza baute ähnliche Betonpfosten nach diesem Vorbild für seinen Zaun. Glück und Freude erfüllen mich, denn mein Sohn und seine Familie bewahren auch im Inneren des Hauses die Werte unserer Vorfahren. An den Wänden des Hauses hängen Bilder meiner Großeltern und Eltern in Tracht! Zu meiner Überraschung und Freude haben mein Sohn und meine Schwiegertochter eine „schwäbische Ecke“ eingerichtet, mit Alltagsgegenständen und einem Bild von mir und meiner Kindheitsfreundin. Meine ganze Familie schwärmt für die schwäbische Kultur! So kann ich oft „nach Hause“ gehen.

Gegenüber steht noch immer „mein Haus“. Jetzt wird es von einem holländischen Ehepaar bewohnt, und es ist ein gutes Gefühl zu sehen, wie respektvoll und liebevoll sie es renovieren, indem sie der im Haus lebenden Geschichte und unseren persönlichen Geschichten Raum geben. Wir haben eine sehr gute Beziehung zu dem holländischen Ehepaar, und es ist ein schönes, wenn auch seltsames Gefühl, als Gast in meinem eigenen Elternhaus zu Abend zu essen. Sie fanden im Haus zwei Statuen und ein Gemälde. Ich erkannte die Statuen: Jesus und die Jungfrau Maria. Vor unserem Haus wurde jedes Jahr zur Fronleichnamsprozession ein Altar aufgebaut, und diese Statuen standen immer darauf. Das Bild der Jungfrau Maria schenkten sie mir als Andenken. Ich habe immer das Gefühl, als ob ich „nach Hause“ ginge, denn das „Haus“ und das „Dorf“ gehören mir!

Im 84. Jahr meines Lebens (Dank sei Gott) machen mich viele schöne Erinnerungen reich.

Meine Enkelkinder haben mir den Umgang mit dem Internet beigebracht. Auf meinem Computerbildschirm kann ich mein Elternhaus sehen, das vom Hof meines Sohnes aus fotografiert wurde! Jedes Mal, wenn ich den Computer einschalte, sehe ich das Elternhaus vor mir. Glücklich kann ich das Lieblingslied meines Vaters singen: „Im Wald ist Lust, im Wald ist Lust, oh wie einsam schlägt meine Brust. Oh du liebes Vögelein, sing nur mein Liedchen, sing das nur mit froher Lust, mit froher Lust.“

Aus dem Inhalt

„Ungarndeutsch. Steh dazu!“

Der Neujahrsgruß von Engelbert Rittinger (1929-2000) mag zwar Jahrzehnte zurückliegen und auch einen – für uns – nicht aktuell klingenden Wortschatz haben, vom Inhalt her steht er aber für immerwährende Werte. In seinem Stil ähnelt er den Sprüchen, mit denen unsere Vorfahren den Verwandten, Nachbarn und allen Bekannten im Dorf zu einer Zeit, die für unsere Wurzeln steht, ein glückliches neues Jahr gewünscht haben. Die Welt hat sich verändert, und wir brauchen neue Formen, um unsere Gemeinsamkeit zu fördern und unsere Volksgruppenzugehörigkeit auszudrücken. All die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren aufgrund der Strategie der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen durchgeführt haben, richten sich nach den eben formulierten Prinzipien: die Wurzeln bewahren, sie mit zeitgemäßen Mitteln in die Gegenwart einbeziehen und sie dadurch für die Zukunft retten – heißt es im Neujahrsgruß von Ibolya Hock-Eglender, Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen.

Nationalitätenpreis an Ilona Köhler-Koch

Für ihre besonderen Verdienste in der ungarndeutschen Kulturarbeit erhielt Ilona Köhler-Koch den Nationalitätenpreis des Ministerpräsidenten. Die hohen Auszeichnungen an insgesamt 13 Personen wurden im Rahmen einer Feierstunde am 18. Dezember im Bulgarischen Kulturzentrum in Budapest von Staatssekretär Miklós Soltész übergeben. Ilona Köhler-Koch war Gründungsmitglied, später künstlerische Leiterin der Ungarndeutschen Volkstanzgruppe in Maratz, wo sie aufgewachsen war. Seit 1988 leitet sie die Bonnharder Volkstanzgruppe „Kränzlein“. Seit 2008 ist sie Vizevorsitzende der Tanzsektion des Landesrates. Sie ist Vorsitzende der Deutschen Selbstverwaltung von Bonnhard und Mitglied der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Sie arbeitet aktiv im Verband Deutscher Selbstverwaltungen im Komitat Tolnau mit.

Die Holzpuppe erwachte zu neuem Leben

Zur feierlichen Übergabe des jüngsten ungarndeutschen thematischen Lehrpfades kam es am 17. Dezember in Promontor. Es handelt sich um den 18. Themenweg im landesweiten Netz der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen. Er führt auf einer etwa zwei Kilometer langen Route durch die reiche deutsche Geschichte, Kultur und Tradition von Promontor. Zweisprachige Tafeln und ein Begleitheft bieten den Besuchern die Möglichkeit, das Erbe der lokalen deutschen Gemeinschaft auf unterhaltsame Weise zu entdecken. Die zentralen Motive, die die acht Stationen verbinden, stammen vom Schriftsteller Georg Wittmann (1930-1991), der in Promontor lebte und arbeitete.

Budapester Auszeichnungen überreicht

Dr. habil. Maria Erb und der Braunhaxler Verein erhielten die Auszeichnung der Deutschen Selbstverwaltung Budapest „Für das Deutschtum in Budapest 2024“. Die Auszeichnungen wurden im Rahmen der traditionellen Budapester Adventsfeier am 11. Dezember im Haus der Ungarndeutschen von der Vorsitzenden der Selbstverwaltung Hajni Lelkes überreicht. Die Teilnehmenden konnten sich an einer lustig-fröhlichen Weihnachtsbescherung der Deutschen Bühne Ungarn ergötzen.

László Szokolai, ein ungarndeutscher Trainer aus Wesprim

Auf der Seite des Ungarischen Landesschwimmverbandes kann man Folgendes lesen: „László Szokolai ist mittlerweile zu einer Trainerlegende aufgestiegen: Nach Imre Sárosi und Tamás Széchy wurde auch ihm die Freude zuteil, dass zwei seiner Wettkampfschwimmer in demselben Wettkampf auf dem olympischen Podest standen.“ Im Schwimmen kam es seit 1896 zum dritten Mal vor, dass in einer Disziplin zwei ungarische Sportler auf dem Podest standen – und diesmal sogar beide aus demselben Sportklub. Das ist wirklich eine einzigartige Leistung.

Erika Rierpl, Leiterin des LdU-Regionalbüros Nord, stellt sich vor

Ich stamme sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits aus einer ungarndeutschen Familie: meine Mutter kommt aus Wetsch, mein Vater aus Sankt-Martin. Beide Familien haben im vergangenen Jahrhundert die Schicksalsschläge der Ungarndeutschen – Deportation zur Zwangsarbeit (Malenki Robot) und Vertreibung – miterlebt. Ich bin mit Geschichten darüber aufgewachsen, wie sie den Krieg und die Kriegsgefangenschaft überlebten, wie der Zug bei der Vertreibung losfuhr, wie sie sich vor der Verschleppung versteckten, wie der Bruder meines Großvaters und seine Frau auf dem Weg zur Deportation aus dem Waggon flohen…

GJU-Vollversammlung in Bonnhard

Das GJU-Team verbrachte das erste Adventswochenende in Bonnhard. Neben dem gemeinsamen Backprogramm mit den Mitgliedern des örtlichen GJU-Freundeskreises hielt die Organisation auch eine außerordentliche Vollversammlung in der Tolnauer Kleinstadt ab. Anlass war der Ablauf der Mandate der beiden Vizepräsidenten. Boglárka Alsóházi wurde für weitere zwei Jahre in ihrem Amt bestätigt. Aber Martin Surman-Majeczki, der acht Jahre lang Präsidiumsmitglied war, kandidierte nicht mehr um die Vizepräsidentschaft, er übergab sein Amt an Anna Schulteisz aus Gereschlak.