Festtag der Mundart zum 10-jährigen Jubiläum – „Schwowisch Dischkursch“ in Tscholnok

„Rede wie am de Schnowl kwockse is“: Wer hätte schon gedacht vor zehn Jahren, als auf Initiative der Deutschlehrerin Agathe Hárs eine kleine Gruppe meist betagter Tscholnoker im Kulturhaus zusammenkam, um die nur als Haussprache lebendige heimische Mundart öffentlich, „im Dischkursch“ zu pflegen, dass am 4. März 2017 der immer noch bestehende Kreis so ein groß angelegtes Jubiläum feiern wird?

Agathe Hárs begrüßt die Gäste

Der Vorsitzende der Tscholnoker Ungarndeutschen Selbstverwaltung Ladislaus Sax betonte im Namen aller Tscholnoker Deutschen, wie stolz sie darauf sind, diese einzigartige Form der Bewahrung des Dialektes gefunden zu haben. Da wird sonntags in bester Laune Tscholnokerisch erzählt, solange der mitgebrachte Kuchen und ein gutes Glas Wein oder Spritzer reichen. Als Hausfrau und Motor der Veranstaltung beschwor Agathe Hárs in sehr persönlichen Ausführungen nostalgisch die Zeit herauf, als man sich in der Dorfgemeinschaft einheitlich „schwowisch“ verständigte. Sie stellte die Frage, ob und wie wir dafür sorgen können, dass die für viele von uns noch angeborene Sprache nicht „vergilbt, an Reichtum verliert“, sondern in Mundartkreisen, Klubs, auf der Laienbühne – oder eben als Familiensprache – gepflegt und weitergegeben wird, damit wir uns „einander näher fühlen“.

Die Reihe der Vorträge eröffnete Dr. Maria Erb, Dozentin der ELTE, Leiterin des Ungarndeutschen Forschungszentrums. Der Titel „Dialektgebrauch gestern, heute… und auch morgen?“ versetzte die Zuhörer in den Prozess hinein, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg das sprachliche Umfeld veränderte. Die Ergebnisse ihrer Forschungen, vorwiegend in der Gemeinde Tarian in den letzten zwanzig Jahren, wiesen darauf hin, wie sich der Sprachgebrauch bei den einzelnen Generationen, in den verschiedensten Lebenslagen, in dem Verhältnis der Sprecher zueinander veränderte. Das Fragezeichen am Ende des Titels blieb und bewegte das Publikum zum Mit- und Nachdenken.

Agnes Szauer, Referentin für die Ungarndeutschen im Pädagogischen Bildungszentrum der Nationalitäten, setzte sich in ihrem Beitrag „Ungarndeutsche Kindergärten zeigen Profil“ einerseits für den Vorrang der deutschen Sprache an den Bildungsinstitutionen für die Kleinsten ein, andererseits betonte sie die gemeinsame Verantwortung von Kindergarten und Familie in der Sicherung eines fördernden sprachlichen Umfeldes. Dabei kommt der Mundart eine ausgezeichnete Rolle zu.

Der Chor aus Tarian Der Chor aus Tarian

„Ungarndeutsche Kultur pflegen und dabei Mundart vermitteln“ – dieser Gedanke stand im Mittelpunkt des Vortrags von Maria Karsai-Gasser, Leiterin des Zweisprachigen Kindergartens „Ein Herz für Kinder“ in Großturwall. Sie schilderte überzeugend, wie viele konkrete Möglichkeiten es gibt, den 3- bis 6-Jährigen sogar im Alltag oder bei festlichen Gelegenheiten, im Rahmen von thematischen Projekten aus der Schatzkiste des Ortsdialekts schöpfend, bleibende Kenntnisse, vor allem aber tiefe Erlebnisse zu vermitteln.

Zum Thema „Mundart in der Grundschule“ plädierte in ihrem wohlfundierten Beitrag Dr. Márta Juhász, Oberassistentin am Lehrerbildungszentrum Gran, für die altersgemäße Einführung der Schüler in die Mundart, möglichst im Ortsdialekt. In die Rahmenlehrpläne bzw. pädagogischen Programme der Nationalitätenschulen ist die Kenntnis unserer Dialekte eingebaut. Sie gab konkrete Tipps und Ideen zur Bearbeitung von Mundarttexten, zählte Arbeits- und Sozialformen auf, die dabei verwendet werden können, und betonte ausdrücklich, wie wichtig eine angstfreie Atmosphäre in den Stunden ist. 

der Gemischtchor aus Tscholnok Der Gemischtchor aus Tscholnok

Maria Wolfart, Gymnasiallehrerin für Deutsch und Volkskunde i. R, sprach zum Thema „Die Rolle der Mundart an den ungarndeutschen Gymnasien“. Sie legte dar, in welchem Maße die Mundartkenntnisse der Schüler zurückgingen, wie wichtig demgemäß die Rolle der Schulen in der Vermittlung der Dialekte ist. In den Stunden wird zwar die Standardsprache gebraucht, doch sollen laut Anforderungen des Lehrplans die Fachausdrücke, Geschichten, Sprüche im Dialekt bekannt gemacht werden. Mitten aus der Praxis kam Agnes Schneider-Bachmann, Deutschlehrerin der Grundschule in Tarian, und brachte eine Reihe von Beispielen mit, wie eine lebendige, an den Traditionen festhaltende, jedoch auch zukunftsorientierte Dorfgemeinschaft diese Haltung auch der jüngsten Generation vererben kann.

Nach der Bewirtung der Gäste führte der Weg ins Heimatmuseum, wo auf die kleinsten Details achtend eine wertvolle Sammlung über das einstige Leben der Tscholnoker entstanden ist. Ein Höhepunkt folgte am Nachmittag, nämlich der „Schwowisch Dischkursch“, geleitet, wie immer, von Agathe Hárs, diesmal unter Einbeziehung der Gäste aus allen Ecken des Landes. Da musste man schon das Ohr spitzen, wenn Maria Schön aus Hajosch im echten Schwäbisch eine Geschichte zum Besten gab, Maria Erb in Wemenderisch erzählte, wie man ihr als „nur teitsch” sprechendem Vorschulkind keine große Zukunft in der Schule prophezeite, LdU-Vorsitzender Otto Heinek in Burjader Mundart so manches aus der Kindheit verriet, Ladislaus Sax aus Werischwar mit seiner herrlichen Sprachmelodie und den verbogenen Selbstlauten alle zum Lachen brachte. Auch Teilnehmern aus den Komitaten Tolnau und Wesprim (Hedjess und Urkut), vor allem aber den Gastgebern aus Tscholnok hörte man mit Vergnügen zu.

Der lustige Ausklang des Mundarttages Der lustige Ausklang des Mundarttages

Als feierlicher, vergnüglicher Abschluss des Tages folgte ein besonderes Chortreffen. Am Tag der Mundart sangen auch die eingeladenen Chöre vorwiegend Lieder im Dialekt. Durch das Programm führte Eva Priegl, Deutschlehrerin, Mitglied der Deutschen Selbstverwaltung und stellte die Teilnehmer vor: den Gemischtchor und den Chor des Rentnerklubs sowie den Wagenhoffer Frauenchor aus Tscholnok, die Singgruppen aus Kirwa, Leinwar, Tarian und den wohl bekannten Frauenchor aus Urkut. Verdiente Chorleiter, wie Johann Fódi, Franz Heilig, Franziska Godó, Theresia Mayer stellten das großangelegte Programm zusammen.
Als eine besondere Gabe trugen in den Pausen Kinder aus Tscholnok, erfolgreiche Teilnehmer bei Wettbewerben, Geschichten in der Mundart vor. Nach dem feinen Abendessen sorgten die vereinigten Chöre bei Akkordeonbegleitung mit beliebten Volksliedern für den lustigen und würdigen Ausklang des Festtages unserer Muttersprache: der Mundart.

Maria W. Stang

Aus dem Inhalt

Schüler des Valeria-Koch-Schulzentrums in Fünfkirchen machten sich mit „Mobidik“ vertraut

Nachhaltigkeit, bewusste Finanzplanung, Informatik und Programmieren – mit diesen Themenbereichen konnten sich Schülerinnen und Schüler in dem mobilen Klassenraum befassen, der fünf Tage lang auf dem Hof des Valeria-Koch-Bildungszentrums stand. Der Unterrichtscontainer trägt den Namen „Mobidik“, und genauso heißt auch das Programm, in dessen Rahmen diese Einrichtung neulich in Fünfkirchen stationiert war. Das mit vollem Namen „Mobile Digitale Schule“ genannte Programm fügt sich in die digitale Unterichtsstrategie Ungarns ein. Seine Mission ist es, die Benutzung moderner digitaler Geräte zu popularisieren.

 

Poganer Gemischtchor und Nadascher Stammtisch – Hervorragende Stimmung und Vertiefung der Freundschaften

Zum sechsten Mal trafen sich heuer der Poganer Gemischtchor und der Nadascher Stammtisch, um gemeinsam zu singen und einen lustigen Abend miteinander zu verbringen. Am 10. März fand im Poganer Dorfhaus das bereits zur langjährigen Tradition gewordene Treffen der beiden Gruppen statt, wo sie unter musikalischer Begleitung dreier Harmonikaspieler gemeinsam gesungen haben. In ihrem Repertoire befinden schon über 100 ungarndeutsche, deutsche und ungarische Volkslieder sowie bekannte deutsche und ungarische Schlager, die von den Mitgliedern ständig gesammelt werden. Die Anwesenden bezeichneten die Zusammenkunft als hervorragende Möglichkeit, die Lieder voneinander zu lernen und die ungarndeutsche Singtradition am Leben zu erhalten. Das gemeinsame Erbe zu teilen und dadurch neue Bekanntschaften zu schließen ist in unserer hektischen Welt etwas, dass man schätzen muss.

 

Deutscher Kulturklub Ödenburg und Umgebung e. V. – Vollversammlung und Binkerlball 2017

Zahlreiche Mitglieder waren zur Vollversammlung des Deutschen Kulturklubs Ödenburg und Umgebung e. V. erschienen, die am 4. März im Hotel Sopron in Ödenburg stattfand. Die Vorsitzende des Klubs, Frau Magdolna Krisch, gab ihrer Freude darüber Ausdruck und brachte einen sehr positiven Jahresbericht, konnte erfreut von gesunder finanzieller Situation berichten. Auch die Aktivitäten des Klubs, Tagesausflüge und auch längere Reisen ebenso wie die Klubtreffen im Ödenburger Rejpál-Haus können sich sehen lassen. Nach einer Stunde, um 18.00 Uhr, schloss Frau Krisch die Vollversammlung und leitete zum traditionellen Binkerlball über.

 

„Schwabenschicksal“ auf der Bühne

Dieses Jahr hat die Theatergruppe des Budapester Deutschen Nationalitätengymnasiums, die Kulturelle Offensive, etwas wirklich Großes gewagt: Über das traurige Ereignis der Geschichte des 20. Jahrhunderts, über „Malenkij robot“, ein Theaterstück zusammenzustellen und auf die Bühne zu bringen. Die thematische Grundlage bildeten die mehr als 30 Videointerviews, die durch unsere Schüler, Schülerinnen und zwei Lehrerinnen unseres Gymnasiums mit Überlebenden von „Malenkij robot“ und Betroffenen der Vertreibung der Ungarndeutschen gemacht wurden.

Dank dem BMI und der LdU: Sportgeräte, Mobilverstärker und Möbel für die Jugend in Gereschlak

Die Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat durch die Förderung des deutschen Bundesministeriums des Innern über die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen Möbel, Sport- und elektrische Geräte gewonnen. Mit dem Eigenanteil machte das etwas mehr als 1.000.000.- Forint aus, womit man einen kompletten Jugendplatz im Gebäude – welches zur Zeit renoviert wird – einrichten kann. Das Gebäude gehört der Deutschen Selbstverwaltung.

 

Erzähl mir von Deutschland!

Erzähl mir von Deutschland! ist eine neue Vortragsreihe, die am 8. März im Lenau-Haus in Fünfkirchen gestartet wurde. In einer offenen Runde können junge Menschen von ihren Eindrücken, Erlebnissen, von bestimmten Traditionen oder etwas Besonderem berichten. Den Auftakt machten die Germanistikstudenten der Universität Fünfkirchen, András Lőrincz und Martin Surman-Majeczki, die mit völlig verschiedenen, aber sehr interessanten Themen das Publikum unterhielten.

 

Ansichtssache Im Kühlental – Gestern und heute

Seit 1847 wird der Ort „Im Kühlental“ Hűvösvölgy genannt. Der Verkehrsknotenpunkt ist mit der Straßenbahn zu erreichen und verbindet die Agglomeration Nordofens: Großkowatsch, Remeteszőlős, Schaumar. Auch eine Endhaltestelle der Kinderbahn befindet sich dort und „Im Kühlental“ kann auch für die Städter ein attraktives Ausflugsziel darstellen. In der Heinrich-István-Straße befindet sich eine unvollendete Bauhaus-Kirche, die trotz des fragmentarischen Charakters ein besonderes Architekturwahrzeichen darstellt. Ein hölzerner Baukonstrukt mit Stufen lädt oberhalb der Busstation auch zu einer historischen Reise durch Pesth und Ofen ein. Carl Graf Vasquez-Pinas von Löwenthal (1796 Klattau – 1861 Ofen-Pesth) machte sich zu Lebzeiten auch als Kartograph einen Namen. 1837 erstellte er vier Karten über Ofen und Pesth, die insgesamt von 76 Bildern (Stadtansichten) umsäumt waren.

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