Historischer Tag in Iklad: 265 Jahre Ansiedlung – 25 Jahre Partnerschaft mit Tauplitz

„In dieser Feierstunde denken wir in erster Linie an jene, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, unsagbare Strapazen und Leid zu ertragen hatten und denen heute dieses Denkmal gewidmet wird. Das Denkmal dient, um nicht zu vergessen, um sich zu erinnern, was geschehen ist, mit Menschen, die wegen ihres Glaubens Heimat, Familie, Freunde verloren haben. Hier in Iklad haben sie eine neue Heimat gefunden, und die vielen Nachkommen haben nicht vergessen, woher ihre Vorfahren kommen.“ Peter Schweiger, Altbürgermeister von Tauplitz (Steiermark, Österreich), sagte dies, als er am 29. Juli zusammen mit dem parlamentarischen Sprecher der Ungarndeutschen Emmerich Ritter das Ansiedlungsdenkmal eingeweiht hat.

Iklader Ansiedlungsdenkmal

Auf dem schlichten, aber eindrucksvollen Denkmal am Friedhofseingang in Iklad stehen die Regionen und die Jahreszahlen, aus denen die Vorfahren kommen mussten, und die Namen der Ansiedler aus Baden-Württemberg (1752 – 1891), Steiermark (1752 – 1819), Oberösterreich (1753 – 1800), Kärnten (1755 – 1771).

Iklader Tanzgruppe

Vor 265 Jahren mussten die ersten Ansiedler ihre Heimat in Steiermark wegen ihrem protestantischen Glauben verlassen. Sie wurden deportiert – wie Tausende ihrer Glaubensbrüder, die Landler, die nach Siebenbürgen vertrieben wurden, da die Habsburger ihr Land rein katholisch haben wollten. Das Enns-Tal und Tauplitz war ein Zentrum des lutherischen Glaubens. Etwa 30 Familien fanden auf dem Gut von Gedeon Ráday (1713 – 1792), der selber Protestant und Begründer der berühmten Ráday-Bibliothek war, in Iklad Zuflucht und konnten ihrem Glauben ungestört frönen. (Mehrere Familien besiedelten später die andere Landler-Gemeinde Kreßtur/Rákoskeresztur. Als Landler oder Siebenbürger Landler bezeichnet man die Protestanten, die unter Karl VI. und Maria Theresia in der Zeit von 1734 bis 1756 u. a. aus dem österreichischen Kernland in das Gebiet der Habsburgermonarchie, in dem der Protestantismus geduldet wurde, nach Siebenbürgen in die Nähe von Hermannstadt deportiert wurden.)

Sie mussten einen hohen Preis bezahlen, mussten ihre kleinen Kinder daheim lassen, damit sie katholisch erzogen wurden. Ihre mehrmals beim Wiener Hof vorgetragene Bitte „auf Familienzusammenführung“ lehnte Maria Theresia strikt ab.

Iklader Chor

Die dramatische Geschichte dieser Familien verdanken wir dem Iklader Heimatforscher Dr. Paul Brandtner, der bereits in den 1930er Jahren Materialien zur Geschichte dieser Landler-Gemeinde sammelte und schließlich 1991 das 412 Seiten starke Buch Iklad zusammen mit István Asztalos mit Hilfe der Gemeinde herausgab.

Es war Susanna Sztrecskó geb. Ecker, die Verbindung mit der Urheimat Tauplitz aufnahm und dort 1992 einen Besuch abstattete. Bald darauf entstand die offizielle Partnerschaft zwischen dem katholischen Tauplitz und dem evangelischen Iklad. Eine Partnerschaft zwischen Verwandten, meinte Iklads Bürgermeister István Madarász bei der Feier zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft. Schließlich seien viele Bewohner Tauplitz’ Nachfahren der Iklader. Die Partnerschaft mit Freunden und Verwandten würdigte auch Albert Sonnleitner, Vizebürgermeister von Bad-Mitterndorf, in das Tauplitz eingemeindet wurde. Als Zeichen der guten Beziehungen wurden bereits auf dem Friedhof in Iklad eine Linde und vor dem Rathaus eine Tanne gepflanzt. Letztere ging aber ein, so brachte die 25-köpfige Delegation aus Tauplitz eine Nordmannstanne mit, die die neue sprießende Zusammenarbeit symbolisieren soll.

Ein besonderes Kapitel dieser Zusammenarbeit stellt das Postillenbuch dar, das eine vertriebene Familie vor über 260 Jahren unter dem Fußboden ihres Hauses versteckte, das bei Renovierungsarbeiten 1993 entdeckt und den Ikladern geschenkt wurde (NZ 22/2017). Zurzeit ist es in der Ausstellung „Gott und die Welt“ im Schloss Trautenfels im Enns-Tal zu sehen.

Iklader Blaskapelle

Mit Gastgeschenken, Präsentationen des Chores, der Tanzgruppe und der Blaskapelle aus Iklad auf der Freilichtbühne auf dem Ráday-Platz neben dem nach Gedeon Ráday benannten Kulturhaus wurde der „historische Tag“ (Sonnleitner) gebührend gefeiert. Aus dem „Freundschaftskrug“ mit den Wappen der beiden Gemeinden wurde Wein gereicht, mit dem auf weitere 25 Jahre Freundschaft angestoßen wurde.

sch

Fotos: I. F.

Aus dem Inhalt

 

Bald geht es an den Start: neue Investitionen am Gebäudekomplex des Valeria-Koch-Bildungszentrums in Fünfkirchen

Die Fünfkirchner Bildungseinrichtung der Ungarndeutschen erfährt demnächst eine weitere Modernisierung: erneuert und erweitert wird diesmal der Gebäudeflügel der Mensa. Die Investition machte vor allem die ständig steigende Zahl der Schülerinnen und Schüler, aber auch die renovierungsbedürftige, bisher ziemlich unpraktisch angelegte Küche nötig. Die Bauarbeiten beginnen schon in Kürze, und den Erweiterungen sollen in absehbarer Zeit auch weitere folgen. Die Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen als Trägerin der Bildungsinstitution sicherte auf ihrer außerordentlichen Sitzung am 29. Juli den finanziellen Hintergrund zur Baumaßnahme.

Auszeichnung für ungarndeutschen Dirigenten: Salamon Kamp Kossuth-Preisträger

Dr. Salamon Kamp, Leiter des Chores „Lutherania“ der evangelischen Landeskirche, wurde mit der großen staatlichen Anerkennung, dem Kossuth-Preis, geehrt. Kamp stammt aus dem ungarndeutschen Dorf Hartau an der Donau (Komitat Batsch-Kleinkumanien), ist Begründer und Präsident der Ungarischen Bach-Gesellschaft und Professor an der Fakultät für Kunst der Universität Fünfkirchen und an der Franz-Liszt-Musikakademie Budapest. In der Laudatio wurde betont, dass er vor allem auf die Barockmusik, die niveauvolle Aufführung der Werke von Johann Sebastian Bach und die kirchlichen Kantaten Wert legt. Durch diesen Preis sind seine Chorarbeit sowie künstlerische und pädagogische Tätigkeit anerkannt worden. Und wie ist der „Kapellmeister, der von jedem geliebt wird“, in seinem Alltagsleben? Wie lautet sein Lebensmotto? Was hat er aus dem kleinen Dorf ins große Leben mitgenommen? Diesen Fragen wird im NZ-Gespräch nachgegangen.

Salomon Kamp

Besuch bei vertriebenen Tolnauern

Ilona Köhler Koch, Vorsitzende der Deutschen Selbstverwaltung Bonnhard und Susanna Lohn, Schriftleiterin der Bonnharder Nachrichten weilten für einige Tage in Backnang (Baden-Württemberg), in Linsengericht-Großenhausen sowie in der Partnerstadt Hochheim (beide in Hessen). Die Deutsche Selbstverwaltung hatte zum Tag der Verschleppten im Januar eine Ausstellung eingerichtet, die auch bei Vertriebenen aus dem Talboden Interesse erweckt hatte. Zusammen mit dem Buch „Zwangsverschleppung aus Bonyhád und Umgebung“ wurden den Interessenten die jüngsten Forschungsergebnisse der näheren Heimat, des Talbodens präsentiert.

„Musik ist mein Leben“ – Jessica Marlók

Jessica Marlók (20) studiert an der ELTE in Budapest Germanistik, Deutsch als Minderheitensprache, und wird nächstes Jahr ihr Diplom erhalten. Ihre Diplomarbeit schreibt sie bei Dr. Maria Erb in dem Thema Musik- und Liederkultur der Ungarndeutschen in ihrer Heimatgemeinde Sanktiwan bei Ofen. Sie selber ist in zwei Blaskapellen sowie in einer Kulturorganisation tätig. Bei Familie Marlók wird gemischt deutsch und ungarisch gesprochen, denn Jessica stammt väterlicherseits aus einer ungarndeutschen und mütterlicherseits aus einer deutschen Familie.

GJU-Stand beim Donauländischen Fischfestival in Mohatsch

Fischsuppenkochen auf den Straßen, gastronomische Vorführungen der Köche, kulturelle Programme mit Tanzgruppen und Chören, live ungarndeutsche Musik und etwas ganz Besonderes: „Die Straße der schwäbischen Traditionen“. Beim 1. Donauländischen Fischfestival am 22. Juli in Mohatsch gab es zahlreiche Stände ungarndeutscher Dörfer oder Organisationen. Hier hatte auch die GJU ihren eigenen Stand, wo Mitglieder der Jugendorganisation die Interessenten erwarteten.

Schwäbische Kirchweih in Detta im Banat – Bonnharder und Hartianer Jugendliche haben mitgefeiert

Zwei ungarndeutsche Jugendvereine und GJU-Mitgliedorganisationen, nämlich der Freundeskreis Schwäbischer Jugendlicher Hartian und die Kränzlein-Tanzgruppe aus Bonnhard, nahmen gemeinsam mit sechs weiteren deutschen Kulturgruppen aus Rumänien an dem einzigartigen Volksfest der Banater Schwaben teil. Die Bonnharder pflegen seit Jahren eine gute Freundschaft mit der Tanzgruppe Edelweiss Detta, unter der Leitung von Eelena Samatu. Die Hartianer haben den Kontakt erst im letzten Jahr aufgenommen. Die „schwowische Kerweih“ begann mit einem stimmungsvollen Aufmarsch, den das erste Dettaer Kirchweihpaar mit einem Rosmareinstrauß angeführt hat.

Dettaer Kirchweihumzug

Ungarländische Biergeschichte: „Auf einen Sitz“ 72 Liter Bier getrunken

Es beruht auf einem allgemein verbreiteten Irrtum, dass Gambrinus (alias Jan Primus oder Johannes I.) der Schutzheilige der Bierbrauerei wäre. Er lebte wirklich zwischen 1250(?) und 1294 als Sohn des Herzogs von Brabant Heinrich III., war aber nie heilig gesprochen worden. Ganz im Gegenteil! Der Legende nach verkaufte er seine Seele dem Teufel, um das Geheimnis der Bierbrauerei zu erfahren und konnte „auf einen Sitz“ 72 Liter Bier trinken.

Möchten Sie mehr erfahren? Bestellen Sie die Neue Zeitung!

Weitere Artikel

Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön

Ich heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.

Gala in Komitat Wesprim

Der Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.

„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen

Den Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.

„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller

Der Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.

300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm

Die Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.