Eine „kleine Revolution“ von damals – Sechzig Jahre Deutscher Nationalitätenklassenzug am Klára-Leőwey-Gymnasium Fünfkirchen

Ein nach den Plänen von Ignác Feigler 1851 errichtetes ehrwürdiges Gebäude steht am schönsten Platz Fünfkirchens, in unmittelbarer Nähe des Doms, das für viele GymnasistInnen prägende Erinnerungen, einschlägige Erlebnisse mit auf den Weg gab. Der Deutsche Nationalitätenklassenzug des Klára-Leőwey-Gymnasiums am Sankt-Stephans-Platz wurde auch zum 60. Jubiläum zum Ort der Begegnungen.

Im September 1956 begann der deutsche Nationalitätenunterricht (als Deutsche Lehrerbildungsanstalt) am Klára-Leőwey-Gymnasium in Fünfkirchen. Mit der Leitung wurde Maria Váray beauftragt. Zeitgleich wurde auch der Deutsche Nationalitätenchor des Gymnasiums gegründet, mit Chorleitern wie Endre Vörnöczky, Jenő Jandó, Gabriella Szabó, Annamária Szőts. Die Leőwey-Tanzgruppe wurde 1973 gegründet, doch gelegentliche Auftritte gab es auch schon früher. Diese ist mit dem Namen von Helmut Heil – selbst ehemaliger Schüler – eng verbunden. 1963 wurde der erste Schwabenball – damals noch im Barocksaal des Kreisrates – veranstaltet.

leöwey

Partnerschaften mit Dresden (ab 1966, Sommerarbeit), Ostberlin (ab 1975 bis zur Wiedervereinigung Arbeit in einer Brauerei), Graz-Libenau (1982), dem Gießener Gymnasium (1984 Chor), Backnang (1985), dem deutschen Gymnasium in Aapenrade (Nordschleswig), Fellbach (1986), Graz, München (1987), Braunschweig, Icking (1991) waren nur einige der hervorragenden Möglichkeiten für die SchülerInnen, die Sprachkenntnisse zu erweitern. 1988 wurde eine selbständige deutsche Bibliothek eingerichtet, die seit 1999 den Namen von Valeria Koch trägt. Die Dichterin besuchte den Deutschen Nationalitätenklassenzug des Gymnasiums und unterrichtete auch eine kurze Zeit in ihrer Alma Mater. Elvira Környei, Ida Husznai-Hambuch, Éva Fábián, Ágnes Hertrich standen dem Deutschen Nationalitätenklassenzug vor.

Otto Heinek begrüßt die Anwesenden

Eine ereignisreiche Historie mit zahlreichen Absolventen in den vergangenen sechzig Jahren. Die Jubiläumsfeier wurde am 10. Februar mit einem Rundtischgespräch begangen, anschließend fand der traditionelle Leőwey-Schwabenball statt. Als eine „kleine Revolution“ von damals bezeichnete Dr. Szabolcs Zalay, Direktor des Klára-Leőwey-Gymnasiums, die Gründung des Deutschen Nationalitätenklassenzuges vor sechzig Jahren. Tímea Gerendás-Szabados, Leiterin des Deutschen Nationalitätenklassenzuges, initiierte das Prodiumsgespräch mit ehemaligen Leőwey-AbsolventInnen: Lorenz Kerner, Otto Heinek, Ibolya Englender-Hock, Eva Gerner, Christina Arnold, Angela Korb sprachen über ihre Erinnerungen, über die Gymnasialjahre, gekonnt moderiert von Monika Ambach.

Als zweite Heimat bezeichnete Lorenz Kerner, Vorsitzender des Lenau-Vereins, früherer LdU-Vorsitzender, das Leőwey. Die Aufgabe, der nach dem Zweiten Weltkrieg seiner Kultur beraubten Volksgruppe  Kraft und Mut zu geben, und eine neue Intelligenz auszubilden, seien die Aspekte bei der Gründung des Klassenzuges gewesen. Ein Netzwerk, ein geistiges Zentrum sei durch die Gründung der Fünfkirchner Lehrerbildungsanstalt, des Deutschen Nationalitätenklassenzuges am Leőwey und der Deutschen Rundfunksendung entstanden, hob LdU-Vorsitzender Otto Heinek hervor. Die Literaturbühne-Aufführungen hätten ihn damals stark geprägt, während seiner Gymnasialjahre sei die Begegnung mit der modernen deutschsprachigen Literatur, als deren Teil er auch die ungarndeutsche Literatur erkannt habe, bemerkenswert gewesen. Als Meilenstein der ungarndeutschen Geschichte bezeichnete Eva Gerner, „Unser Bildschirm“-Redakteurin, die Jahre 1956/57.

Der bei der Feier gezeigte Film mit AbsolventInnen des ersten Jahrgangs bestätigte die Formulierung Lorenz Kerners, „mit Lassos haben sie uns eingefangen“. In der Schülerzeitschrift „Stimme des Klára-Leőwey-Gymnasiums“ 1975 erinnert sich Geschichtslehrer Zsolt Regölyi an den Anfang: „Der deutsche Klassenzug nahm seine Mission äußerst ernst. Es verbreitete sich das Gerücht, dass das Lernen an dem deutschen Klassenzug zu schwer und anstrengend sei. Die Resultate haben aber diese Behauptung der Kleingläubigen widerlegt. (…) Sie zeichneten sich durch großen Fleiß und durch Ausdauer aus. Schon von Anfang an beteiligten sich die Schüler am Leben des ganzen Gymnasiums. Sie fehlten bei keiner Feier. (…) Ihre Arbeitsmoral und ihr Fleiß sind legendär. Lernen, Arbeit, lustige Ausflüge, lehrhafte und stimmungsvolle Kulturprogramme kennzeichneten die ersten Jahre.

A. K.

 

Aus dem Inhalt

Gemeinsame Faschingsfeier der Wieselburger und der Gahlinger Deutschen

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Germanistikstudentin Katinka Árendás: Die ununterbrochene Tanzlust hält zusammen

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Auf Spurensuche in Geretsried

Geschichte ist in Geretsried immer interessant! Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg bilden den Ursprung der Stadt. Die Schülerinnen und Schüler einer 7. Klasse der Antal-Grassalkovich-Schule in Schorokschar besuchten am 20. Jänner die Vertriebenenstadt in Oberbayern. Die Theatergruppe der Schule glänzte am Vortag in der Allerheiligen-Hofkirche in der Residenz in München beim ungarischen Gedenktag an die Vertreibung der Deutschen mit der Vorführung „Augenzeuge-Spielzeuge“ (NZ 4/2017).

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Band 30 der Reihe Beiträge zur Volkskunde der Ungarndeutschen (2015) ist von einer thematischen Vielfalt geprägt. Die ersten beiden Studien beschäftigen sich mit der Zips: im Beitrag von György Antal Diószegi wird über das europäische Kontaktsystem der Zipser sächsischen Gebildeten und Adeligen im 17. Jahrhundert berichtet, und Vilmos Voigt erörtert die Geschichte der Lutheraner in der Zips.

Weitere Beiträge bearbeiten diverse Themenbereiche der Volkskunde. Im Jahre 2016 erschien der 31. Band der Reihe, dessen Beiträge die Aufarbeitung von ethnographisch relevanten Themen fortsetzen.

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