Der Blondschopf war sein Erkennungszeichen

Johann Ehl

Der heute 76-jährige Johann Ehl (Foto), der in Riesa an der Elbe seine zweite Heimat fand, ist in der Stahlstadt eine bekannte Erscheinung. Wie sollte es auch anders sein, denn er war zu seiner aktiven Fußballzeit von 1965 – 1974 Kapitän der Mannschaft von Stahl Riesa und brachte es auf 140 Einsätze in der Oberliga in der damaligen DDR. Aber ehe es soweit war, gab es eine bewegte Vorgeschichte.

Johann Ehl wurde am 8. Oktober 1940 in Bonna (Schomodei) geboren. 1944 zog die Familie zu den Großeltern, die in Sérsekszőllős (ebenfalls in der Schomodei) eine kleine Landwirtschaft betrieben. Johann durchlebte mit der Dorfjugend eine an Erlebnissen reiche Kindheit. Er bekam Kontakt zum runden Leder. 1946 wurde die Familie enteignet und lebte bis zur Vertreibung in Tab. Die Familie durfte nur eine bestimmte Menge an Waren und Verpflegung mit in den verplombten Güterwagen mitnehmen. Die lange Fahrt endete in der grauen Kaserne in Pirna, in der Sowjetischen Besatzungszone. Für eine Woche gab‘s Quarantäne, danach wurden die Familien aufgeteilt und mit Lkws ging es in das kleine Dorf Heyda bei Riesa. „Obwohl unser Dialekt nicht richtig verstanden wurde und auch die Essgewohnheiten anders als in Ungarn waren, konnten wir uns schnell einleben. Unter uns Kindern gab es keine Berührungsängste“, erinnert sich Johann Ehl. Seine Mutter fand Arbeit bei einem Bauern, während sein Vater Schwerstarbeit am Siemens-Martin-Ofen im Stahlwerk verrichtete.

Er ging in die Grundschule Heyda, die 7. und 8. Klasse besuchte er in der Zentralschule in Prausitz. Das Abitur legte er an der Max-Planck-Oberschule in Riesa ab. Seinen großen Wunsch, einen sportlichen Weg mit Studium an der DHFK einzuschlagen, konnte er nicht verwirklichen, denn er verweigerte die Unterschrift zum Dienst bei der Volksarmee. So erlernte er im Stahlwerk Riesa den Beruf eines Drehers. Von 1960 – 1963 ging er an die Ingenieurschule nach Riesa und schloss das Studium als Ingenieur für Hüttenmechanik erfolgreich ab.

Seine sportliche Entwicklung begann er als 10-jähriger bei der SG Heyda. In der B-Jugend wechselte er 1956 zu Stahl Riesa. Er spielte die ganze A-Jugend durch, um über die II. Mannschaft 1959 zum Kollektiv der I. Mannschaft zu gelangen, die damals der II-DDR-Liga angehörte. Nach dem Aufstieg in die I. DDR-Liga gelangten sie 1968 sogar ins Oberhaus, sprich DDR-Oberliga. In den Jahren 1965 – 1974 war er Kapitän. Die Stahlwerker konnten durch ihre Kampfkraft den größeren DDR-Vereinen durchaus Paroli bieten. In der Saison 74/75 erreichte man den 6. Platz, und man verfehlte ganz knapp die Teilnahme am UEFA-Cup. In Riesa wurden namhafte Spieler (Kurbjuweit, Kirsten, Pfahl, Hauptmann) ausgebildet, aber letztlich zwangsdelegiert zu den großen Clubs.

Johann Ehls Stärke war die ungeheure Antrittsschnelligkeit, mit der er seine Gegner oft narrte. Zu nennen ist seine faire Spielweise. Obwohl er mit 1,65 m nicht gerade der Größte war, ging er keinem Zweikampf aus dem Wege. Wenn Riesa und Bautzen gegeneinander spielten, standen drei Ungarndeutsche auf dem Platz: der leider früh verstorbene Gabriel Schuhmacher, Franz Korn und Johann Ehl. „Ich hatte überhaupt keine Chance, an den Ball zu kommen, der Johann war schnell und lief mir immer den Ball ab. Trotz seiner geringen Größe hatte er ein ausgeprägtes Kopfballspiel und blieb dabei stets fair“, erinnert sich Franz Korn an seinen Gegenspieler und Landsmann.

Ehl im Kampfgetümmel

Die Heimspiele schaut sich Ehl in der Regel in der Nudelarena an und freut sich auf das Treffen mit alten Kumpels. In der Arena wurde ihm 2012 die Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft überreicht – darauf ist er schon stolz! Jeden Dienstag ist Saunatag der alten Haudegen und es wird in Erinnerungen geschwelgt. Johann hofft, dass es im Riesaer Fußball weiter vorwärts geht. Er will auch mit Rat und Tat dabei sein.

Johann und seine Frau Karin haben einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn spielte aktiv in Elsterwerda. In der alten Heimat leben noch drei Cousinen, die auch noch besucht werden. Beide sehnen sich nach den warmen Bädern in Südungarn und nach der ungarischen Küche. Frau Karin hat sein aufwendiges Hobby immer charmant toleriert, dafür möchte er ihr einmal öffentlich danken.

Heinz Noack

Aus dem Inhalt

 

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Neue Bildungseinrichtungen in eigener Hand, ein modernes Jugendlager, neue Lehrpfade und noch intensiver betreute Jugendpolitik – das und noch vieles mehr initiierte die Vollversammlung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen auf ihrer jüngsten Sitzung. Die wichtigsten Fragen, die das 39-köpfige Gremium am 4. Februar in Budapest diskutierte, bekräftigten das vorsorgliche Denken der LdU, sich für die Schaffung der bestmöglichen Umstände in der ungarndeutschen Bildung und Kulturpflege einzusetzen.

25 Jahre Freundschaftsvertrag

Am 6. Februar vor 25 Jahren unterzeichneten die Regierungsvertreter der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn in Budapest den „Vertrag über Freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa“. Aus diesem Anlass gaben die beiden Außenminister Sigmar Gabriel und Péter Szijjártó eine Gemeinsame Erklärung heraus. Darin heißt es: „Der Vertrag bildet bis heute das Fundament unserer bilateralen Beziehungen. Deutschland und Ungarn sind mittlerweile enge Partner in der Europäischen Union und in der NATO. Unsere damals formulierten Ziele und Verpflichtungen bleiben bestehen.“ Als gemeinsames Ziel wird der Schutz der Minderheiten festgehalten.

 

Entscheidung der Kommission rechtswidrig

Das EU-Gericht urteilte in der Rechtssache der Minority SafePack-Initiative gegen die Europäische Kommission, dass die Entscheidung der Kommission im September 2013, die Registrierung der Initiative eine Million Unterschriften zu sammeln, abzulehnen, rechtswidrig war. Der Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, Loránt Vincze: „Es ist ein Tag des Sieges für die autochthonen nationalen Minderheiten in Europa. Wir sind noch nicht am Ende unserer Reise, aber haben heute einen wichtigen Schritt gemeistert. Die Entscheidung des Gerichts verpflichtet die Europäische Kommission, die Initiative der europäischen Minderheiten sehr ernst zu nehmen.“

 

Landarbeiter-Siedlung „Freiherr-vom-Stein-Ring“

In Hochheim existieren mehrere Siedlungen, die kurz nach dem 2. Weltkrieg erbaut wurden, so z. B. die „Paprika“-Siedlung um die Donauschwaben-Straße und die „Glaube-und-Tat“-Siedlungen. Spaziert man ausgehend von der Frankfurter Straße die Freiherr-vom-Stein-Straße entlang, sieht man links die Häuser der „Landarbeiter“-Siedlung. Sie besteht aus 14 identischen Häusern, die um den Jahreswechsel 1958/59 bezugsfähig wurden. Voraussetzung für den Erwerb eines der Häuser war die Verpflichtung, mindestens 10 Jahre in der Landwirtschaft zu arbeiten.

Die Tradition wird weitergeführt: Deutschsprachige Messe am Sankt-Sebastian-Gedenktag in Schambek

“Oh du heiliger Fabian und heiliger Sebastian, Euch bitten wir in dieser Zeit, seid uns zu helfen stets bereit” – sangen die Chormitglieder und die Gläubigen am 21. Jänner in der Sankt-Sebastian-Gedenkmesse in Schambek. Der 20. Jänner, der Tag des heiligen Sebastian, war seit der großen Pest 1739 bis zur Vertreibung Gelöbnisfest und Gemeindefeiertag in Schambek, die schöne Tradition wurde dann wieder ins Leben gerufen und gehört heutzutage zu den populärsten Veranstaltungen der katholischen Gemeinde. Zu dieser familiären Gedenkfeier werden jährlich auch der Wudigesser Frauenchor und der Chor aus Jeine eingeladen, um zusammen mit dem Schambeker Chor für die musikalische Umrahmung der Zeremonie zu sorgen.

25. Fußballturnier der GJU: Herausforderung sehr gut gemeistert

Eine der größten ungarndeutschen Jugendveranstaltungen, das 25. Fußballturnier der GJU, fand am Wochenende vom 27. bis zum 29. Januar in Bonnhard statt. Dank der Organisierung durch die Kränzlein-Volkstanzgruppe ist es wieder gelungen, ein besonders gut gelauntes Turnier unter Dach und Fach zu bringen. Die Hauptorganisatorin und Sekretärin des Volkstanzvereins Kränzlein bzw. Leiterin des Bonnharder GJU-Freundeskreises Tímea Schlotthauer beschreibt ihre Eindrücke.

Diversität und Digitalisierung – Frauenförderprogramm

Mit dem Programm „Diversität und Digitalisierung“ werden talentierte weibliche Nachwuchsführungskräfte im Studiengang „Management and Leadership“ (MML) an der Andrássy-Universität Budapest (AUB) in der Entwicklung ihrer Fach- und Führungskompetenzen gefördert. Die Vereinbarung über das Förderprogramm wurde am 24. Januar unterzeichnet.

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