Die Vertreibung der Ungarndeutschen ist ein historisches Verbrechen
Die Regierung teilt das Leid der lokalen Gemeischaften, deshalb wird die zentrale Gedenkfeier am Tag der Vertreibung und Verschleppung am 19. Jänner immer in einem anderen Ort veranstaltet, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Zsolt Semjén beim diesjährigen Staatsakt in Elek. Nach Schaumar, Wudersch, Bogdan, Ödenburg und Bohl war heuer die von Ungarn, Rumänen, Deutschen, Slowaken und Zigeunern bewohnte Stadt an der rumänischen Grenze Ort des Gedenkens.
Im von Bischof László Kiss-Rigó (Szegedin-Tschanad) zelebrierten Gedenkgottesdienst in der Eleker katholischen Kirche wirkte der örtliche Chor mit deutschen Kirchenliedern mit. Die Liedertexte wurden an eine Leinwand projiziert, zwischendurch wurden Fotos über die Einwaggonierung der Deutschen gezeigt. Der Bischof meinte, man müsse der Verschleppung und Vertreibung der Eleker Deutschen gedenken, damit eine solche niederträchtige Tat nie wieder geschehe.
Als historisches Verbrechen bezeichnete der stellvertretende Ministerpräsident Zsolt Semjén die Verschleppung und Vertreibung der Deutschen, das einer Volksgruppe zugefügt wurde, die seit Jahrhunderten organischer Bestandteil der ungarischen Geschichte, des ungarischen Staates ist. Er wies darauf hin, dass die offizielle Lesart „Aussiedlung“ eigentlich die Brandmarkung, die Entwürdigung, Enteignung und Vertreibung bedeutet, sagte der stellvertretende Ministerpräsident in seiner Festrede und legte am Denkmal der Vertreibung aus Elek, einem Werk des Bildhauers Sándor Kliegl, einen Kranz des Gedenkens nieder. Weitere Kränze legten nieder Olivia Schubert, Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Emmerich Ritter, Parlamentsabgeordneter der Ungarndeutschen, Joschi Ament, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, dessen Familie aus Elek vertrieben wurde, und der deutsche Botschafter Volkmar Wenzel u.a..
Fast tausend arbeitsfähige Frauen und Männer wurden am 11. Jänner 1945 aus Elek nach Kriwoj Rog in die Ukraine verschleppt, wo sie unter unmenschlichen Umständen Wiedergutmachungsarbeiten leisten mussten. 121 von ihnen kehrten nicht aus den Arbeitslagern heim. In insgesamt sechs Transporten wurden im Zeitraum 10. April bis 6. Mai 1946 aus Elek über 5000 Deutsche vertrieben. Damit ging die Geschichte der Deutschen in Elek, die 1724 begann, fast zu Ende.
Vier Prozent der heutigen Bevölkerung von Elek bekennen sich als Deutsche. Die Grundschule trägt den Namen des Deutschlehrers und Volkskundeforschers Dr. Georg Mester, der Verein der Deutschen in Elek und die dreiköpfige Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung der Eleker Deutschen haben ihren Sitz im Leimen-Haus, einem Ort der Begegnung, in dem auch Fotos, Trachten und Möbel das einstige Leben der Deutschen heraufbeschwören. Vereinsvorsitzender Thomas Klemm und Klara Mester, Tochter des Namensgebers der Grundschule, informierten Olivia Schubert, Joschi Ament und Emmerich Ritter über die Aktivitäten des Vereins und im Leimen-Haus.
Fotos: I. F.
Aus dem Inhalt
„Ein Teil meines Herzens schlägt ungarndeutsch“ – Dóra Dömötör-Nagy aus Hanselbek
Dóra Dömötör-Nagy (20) stammt aus einer ungarischen Familie in Hanselbek/Érd, ließ sich aber im Deutschen Nationalitätengymnasium Budapest (DNG) für die ungarndeutsche Kultur begeistern. Sie hat beim internationalen Wettbewerb „Jugend debattiert international“ 2017 sehr gut abgeschnitten und begann ihr BA-Studium an der Uni Bayreuth in Theater- und Medienwissenschaften als Hauptfach und als Nebenfach Didaktik des Deutschen als Zweitsprache. Von ihrem Bezug zu den Ungarndeutschen und ihren ersten Erfahrungen in Deutschland hat sie der NZ erzählt.
Frau Ildikó trat ab – Zum Tod von Ildikó Jarcsek-Zamfirescu
„Wir haben zur Deutschen Bühne – wenn ich das so nennen darf – eine ganz ’intime‘ Beziehung, die sich entwickelt hat, seitdem András Frigyesi der Intendant ist. Gleich drei Monate darauf, dass Herr Frigyesi Intendant wurde, waren wir schon auf unserem ersten Gastspiel in Ungarn. Das hat sich dann über die Jahre ausgeweitet, zwischendurch haben auch unsere Spielleiter hier inszeniert, wir haben also sehr gute Kontakte.“ Dies erzählte die Intendantin des Deutschen Staatstheaters Temeswar Ildikó Jarcsek-Zamfirescu anlässlich eines internationalen Erfahrungsaustausches über den deutschsprachigen Minderheitenunterricht in Baje.
Präsentieren will gelernt sein! Lehrerinnen und Lehrer an Schulen der deutschen Minderheit bereiten ihre Schüler auf die DSD I-Prüfung vor
Die DSD I-Prüfung ist für die Schülerinnen und Schüler keine Kleinigkeit. Viele deutschen Nationalitätenschulen bieten ihren Schülern an, in der achten Klasse ihre Sprachkenntnis des Deutschen zu beweisen und dafür ein Zertifikat der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) zu erhalten. Dieses Zeugnis beweist, dass die Schüler die deutsche Sprache bereits auf einem mittleren Niveau beherrschen.
Johann Eppel: Tewel
Der 1914 in Tewel geborene renommierte Agraringenieur Johann Eppel ist vor allem in Deutschland als Lokalhistoriker bekannt, seine Arbeit erhielt in seiner Heimat jedoch nicht die gebührende Anerkennung. In seiner Dorfmonographie* macht er bei umfangreicher Verwendung von ethnographischen und archivarischen Quellen mit der Geschichte und Ethnographie der angesiedelten deutschen Bevölkerung bekannt. Der imposante Band wurde von Ferenc Glatz, dem damaligen Präsidenten der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, lektoriert. Das Buch fand auf der weltberühmten Frankfurter Buchmesse eine herausragende Anerkennung.
Es lohnt sich, ungarndeutsche Kindergärtnerin zu werden!
„Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen gründete – in Zusammenarbeit mit der ungarischen Regierung – im Interesse der Sicherung des Nachwuchses der deutschen NationalitätenkindergartenpädagogInnen ein Stipendium“, konnte man in einem Aufruf (Neue Zeitung 3/2019, Seite 20) lesen. Wir, als Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, freuten uns über die Nachricht, denn das neue Stipendienprogramm kann – unserer Ansicht nach – einen wesentlichen Beitrag zur Wiedererlangung der Attraktivität des Berufes und schließlich zur Behebung des Mangels an ungarndeutschen Kindergärtnerinnen leisten.
Erinnerung an die verschwundene Raitzenstadt
Unter diesem Titel präsentiert das Budapester Museum für Geschichte in der Ofener Festung eine interessante Ausstellung. Nach dem Rückzug der Türken siedelten sich seit 1690 Deutsche am Fuße der königlichen Festung und am Donauufer an sowie Serben in einem Stadtteil des heutigen Tabán. Die Serben wurden damals Raitzen genannt, daher ist Raitzenstadt die deutsche Bezeichnung von Tabán. Die Bevölkerung beschäftigte sich an den Hängen des Bocksberges mit Weinbau. In den schmalen, schrägen Gassen entwickelte sich langsam ein Vergnügungsviertel. Nach der Vereinigung von Ofen, Pesth und Altofen 1872 wurde diese malerische, aber vernachlässigte Gegend immer mehr zur Schande für die Weltstadt, deshalb entschieden sich die Behörden für den totalen Abriss, der um 1930 kulminierte. Foto: G. Széman
Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön
/in Aktuell, Neue Zeitung /von BachDorottyaIch heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.
Gala in Komitat Wesprim
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.
„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDen Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.
„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.
300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDie Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.