Die Straßennamen von Werischwar und Schaumar – Einzigartiges in der Sprachpflege

„Es wird einem warm ums Herz, wenn man diese Straßenschilder in Werischwar und Schaumar sieht“ – war das Fazit nach dem Vortrag von Marta Müller, Universitätsoberassistentin der Loránd-Eötvös-Universität zu Budapest (Foto), im Haus der Ungarndeutschen. Merkmale der alten bairischen Gassennamen, Aufgaben und Voraussetzungen für den Revitalisierungsprozess, Auswirkungen sowie gemeinschaftsfördernde Funktionen der alten Bezeichnungen standen im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Vortrags der Werischwarer Linguistin am 17. Mai.

Dr Marta MüllerForschungsrichtungen wie Dialektologie, Namenkunde, Soziolinguistik (auf die Sprechergemeinschaft konzentriert) sowie die jünsgte „linguistische Landschaften“ (linguistic landscape) widmen sich auch der Analyse von Straßennamen. Straßen, Gassen, Gässchen und Plätze zweier ungarndeutscher Siedlungen im Ofner Bergland, und zwar von Werischwar/Pilisvörösvár und Schaumar/Solymár, bekamen durch die Straßenbeschilderung ihre historisch bairischen Bezeichnungen (sowohl in der Mundart als auch in der Standardsprache) zurück. Als Stichjahr wurde 1900 gewählt, Quellen – wie Katasterlandkarten – von vor 1900 wurden zur Analyse herangezogen. Zwar dienten diese früher der Benennung, Orientierung und Lokalisierung, so stehen die alt-bairischen Namensbezeichnungen heute im Dienst der Erinnerung: den älteren Generationen bekannt, kommt bei den jüngeren oft Erklärungsbedarf beim Betrachten auf. Als Beispiel führte die Vortragende die Bezeichnung „Fiambakoosn / (Viereimergasse)“ an.

Straßenschilder in WerischwarDer Name bezeichnete den Ort der ständigen Streitigkeiten zweier Familien beim Brunnen, der nur mit einem Eimer ausgestattet war. Der einfältige Ehemann einer der streitlustigen Frauen stellte vier Eimer zum Brunnen hin, um dem Streit ein Ende zu setzen. Das Festhalten, die Weitergabe und die Verschriftung in der Mundart lösen identitätsstiftende Momente des Gemeinschaftsgefühls aus. Wie Werischwars Bürgermeister István Gromon betonte, dienten die Originalbezeichnungen der Erinnerungskultur und Traditionspflege, sie setzten ein Andenken und besäßen neben der informativen Funktion emotionale Komponenten.

werischwar-judengasseUnterschiede gäbe es in der Bezeichnung: Werischwar verfüge über mehr bäuerliche Motive (der Pflanzen- und Tierwelt) in der Ortsbezeichnung, Schaumar wäre in dieser Hinsicht städtischer, urbaner. Marta Müller sieht in diesen Initiativen einen Zuwachs des Prestiges der Mundart, sie berichtete auch über weitere Vorhaben der Beschilderung in anderen ungarndeutschen Gemeinden (Willand und Schambek haben Ähnliches vor). Das Projekt der alt-bairischen Straßenbenennungen in Schaumar und Werischwar haben neben dem Vorzeigecharakter auch eine Note des Einzigartigen, des Besonderen: Müller berichtete darüber, dass ähnliche Projekte nicht einmal in den unmittelbaren Nachbarländern von Ungarn existierten. Rühmlich ist, dass die Namensrevitalisierung auf der Basis wissenschaftlicher Arbeit beruht.

A. K.

Fotos: I.F., zentrum.hu

Aus dem Inhalt

 

Europatag in Daurog

Ein erlebnisreiches Wochenende hat die Ungarndeutsche Nationalitätenselbstverwaltung hinter sich. Am 13. Mai versammelten sich anlässlich des 70. Jahrestages der Verschleppung und Vertreibung viele Gäste im Garten des Heimatmuseums. Die Neugestaltung des Museums wurde beendet und die Besucher werden mit authentischen Möbeln, Einrichtungen erwartet. Der Gemischtchor der deutschen Nationalität sang die Ungarndeutsche Hymne, danach folgte die Übergabe des Preises Pro Urbe an die Ungarndeutsche Nationalitätenselbstverwaltung. Damit wurde die Arbeit der deutschen Abgeordneten seit 1998 für das Ungarndeutschtum in Daurog gewürdigt.

15 Jahre Wagenhoffer-Chor in Tscholnok

Bei einem Gedenkprogramm an den 1992 verstorbenen hervorragenden Deutschlehrer Johann Wagenhoffer am 09. November 2002 wurde der Wagenhoffer-Frauenchor in Tscholnok gegründet. Seitdem nahmen die singenden Frauen viermal an Qualifizierungen teil, mit dem Ergebnis: Gold, Gold mit Belobigung und zweimal Gold mit Auszeichnung. 2010 gewannen sie in Ajke in der Kategorie Volksliedbearbeitungen den Festivalpreis. Die Zahl der Mitglieder beträgt 15. Der Wagenhoffer-Chor möchte mit den überlieferten Liedern das Publikum noch lange erfreuen und die örtlichen Traditionen für die Zukunft bewahren.

 

Das Volk der Tränen. Das Schicksal der schwäbischen Bauern in Hajosch 1938 -1954

Das Buch ist eine umfangreiche historische Zusammenfassung über die Leiden des schwäbischen Bauerntums in Hajosch/Hajós während des Zweiten Weltkriegs bzw. in den Nachkriegsjahren, wobei die – auf Tonaufnahmen erhaltene – mündliche Überlieferung sowie die aufbewahrten schriftlichen Dokumente des Dorfes als Grundlage gedient haben. Laut der Angabe der Verfasser des Bandes war es erschütternd, dass die mit den Augenzeugen bzw. mit deren Nachkommen geführten Gespräche und Interviews sogar Jahrzehnte nach den behandelten Ereignissen von Angst und von Leiden geprägt waren. Die Erinnerungen sind wohl im Familiengedächtnis erhalten geblieben, somit bekommt man durch die mündliche Überlieferungen ein Bild über die historischen Ereignisse aus dem Blickwinkel der Betroffenen, wodurch die in den offiziellen Geschichtsbüchern geschilderten Ereignisse nuanciert werden.

 Geowettbewerb 2017

Insgesamt 12 Gymnasien und 5 Grundschulen mit 33 Schülern aus ganz Ungarn nahmen an der Landesrunde des Geowettbewerbs am 28. April in Budapest teil. Die Teilnehmenden – Schulsieger, die sich in den Schulrunden dafür entsprechend qualifiziert haben – trafen sich auf dem Petőfi-Platz und begaben sich mit Hilfe eines Aufgabenblattes auf einen Spaziergang in die Innenstadt, um sich hier mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Ereignissen bekannt zu machen. Der Spaziergang führte sie zu Denkmälern von der Römerzeit angefangen über Orte des verheerenden Hochwassers 1838 bis in die Zeit nach der Revolution 1848/49.

Vollversammlung der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher in Baje

Die Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher veranstaltete ihre jährliche Vollversammlung 2017 im Ungarndeutschem Bildungszentrum in Baje. Warum war die Vollversammlung speziell? Es gab zwei neue Freundeskreise: Wetschesch/Vecsés und Sankt Martin/Szigetszentmárton, die nach einer erfolgreichen Vorbereitungsphase der GJU beigetreten sind. Tekla Matoricz, die vier Jahre lang den Posten der Präsidentin bekleidete, dankte ab. Zur neuen Präsidentin wurde Blanka Jordán gewählt.

Die Welt von Eva Ament

Unter dem Titel Gemalte Märchen sind bis zum 3. Juni 21 Puppenhäuser von Eva Ament im Ausstellungsraum der Áron-Kiss Ungarischen Spielgesellschaft in Budapest zu bewundern. Eva Ament lebt in Tárnok. Sie ist 1964 in Berin geboren, ihre Kinderjahre verbrachte sie in Hedjeß. Da sie ungarndeutscher Abstammung ist, kennt sie unsere Volkskultur in- und auswendig. Seit 1991 ist sie als Möbelmalerin tätig und seit 2004 beschäftigt sie sich auch mit dem Erstellen von Puppenhäusern. Die gezeigten Objekte stellen im Maßstab 1:10 die Häuser in den Gebieten vom Bergrücken, Talboden und dem Scharbruch im Komitat Tolnau vor.

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Weitere Artikel

Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön

Ich heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.

Gala in Komitat Wesprim

Der Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.

„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen

Den Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.

„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller

Der Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.

300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm

Die Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.