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Deutschpädagogin Agatha Hárs feierte 70. Geburtstag

„Mich erfüllt mit Stolz, dass ich das sprachliche Rüstzeug vieler Schüler in die Wege geleitet habe“

Einen erlebnisreichen Lebensweg hat Pädagogin Agatha Hárs geb. Putz. Die gebürtige Tscholnokerin gehört zu der Erlebnisgeneration von Dialektsprechern. Sie war jahrzehntelang als Pädagogin tätig, unterrichtete zuerst in ihrer Heimatgemeinde und an der Katholischen Universität Pázmány in Gran. Sie war Vorsitzende des Bundes Ungarndeutscher Schulvereine (BUSCH) und langjährige Vorsitzende des Deutschen Schulvereins des Komitates Komorn-Gran. Bereits ab Ende der 1960er Jahre engagiert sie sich für das Ungarndeutschtum. Von 1995 bis 2010 war sie Mitglied der Vollversammlung der LdU. Für ihre Verdienste wurde sie 2016 mit der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum ausgezeichnet.

Zweisprachigkeit hat sie schon ihr ganzes Leben begleitet: „Ich denke gern an meine Kindheit zurück. Mein Vater war Bergmann, meine Mutter versorgte den Haushalt. Es waren Zeiten, als Nachbarn und Verwandte auch wegen den aktuellen Arbeiten viel Zeit zusammen verbrachten. Es war schön, den Erwachsenen beim Kukuruzausbrechen und -ausschälen, bei der Weinlese oder beim Federschleißen zuzuhören. Jeden Sonntag mit den Eltern die Großeltern zu besuchen stärkte das Gefühl der Geborgenheit. Die einzig verwendete Sprache dabei war die Tscholnoker Mundart“, erinnert sich die Pädagogin an ihre Kindheit. Einmal Lehrerin zu werden war bereits früh ihr Traum: „Schon in der Grundschule spielten wir mit meiner Schwester Schule. Wir führten ein Klassenbuch, trugen Noten ein, ließen Arbeiten schreiben und korrigierten sie. Im Gymnasium war mir dann die Berufswahl klar, als ich meiner jungen Deutschlehrerin beim Sprechen zuhörte. Ich beneidete sie. Es wäre schön, ähnlich wie sie die Sprache zu beherrschen – ging mir durch den Kopf.“

Am Anfang ihrer pädagogischen Laufbahn wehte noch ein anderer Wind in den deutschen Schulen. „Damals lag mehr Betonung auf Schreiben und Lesen. Die Kommunikation war zweitrangig. „Die in unserem Komitat (Komorn-Gran) von Schulen regelmäßig veranstalteten Wettbewerbe ließen uns auf neue Methoden kommen. Dialoge, Themen zu bearbeiten brachte Erfolg“, erklärt Hárs. „Die größten Herausforderungen waren die landesweiten Wettbewerbe in Deutsch und Volkskunde. Sich mit den besten Schülern wochenlang außerhalb der Deutschstunden zu beschäftigen, das waren schöne Zeiten. Zum Glück hatten diese Schüler noch Mundartkenntnisse von zu Hause mitgebracht, was die beste Grundlage zum Erlernen des Standarddeutschen ist“, erklärt Frau Hárs. „Ich war schon vor Jahrzehnten der Meinung, dass die Zweisprachigkeit nur erreicht werden kann, wenn es in einer ungarndeutschen Schule parallele Klassen gibt. Die sprachlich Talentierten können dann weite Sprünge machen. Hätte man nur dieses Angebot in den 60er Jahren gehabt.“

Ihre Zeit als Pädagogin hat Agatha Hárs in guter Erinnerung: „Gern denke ich an die von mir organisierten Komitats-Deutschlager zurück, an denen 35 – 40 Schüler unserer Schulen teilnahmen. Sie wurden mit Hilfe der Kolleginnen um sprachliche und volkskundliche Kenntnisse bereichert. Anfangs war Tarian unser Schauplatz, dann kamen wir mit den Kindern nach Waschludt, Gestitz und Litowr. Die von hier organisierten Ausflüge machten die Kinder mit vielen ungarndeutschen Gemeinschaften bekannt. Mich erfüllt mit Stolz, dass ich das sprachliche Rüstzeug vieler SchülerInnen in die Wege geleitet habe. Viele von ihnen wurden Pädagogen, andere wiederum schafften es bis zu Sprachprüfungen, und konnten somit ihr gewähltes Ziel erreichen. Mit Dankbarkeit denke ich an drei meiner Lehrer, die mich dazu erzogen haben, was ich geworden bin, Frau Dr. Katalin Árkossy, Dr. Karl Vargha und Dr. Béla Szende.“

Zwar ist Agatha Hárs seit 2008 im Ruhestand, doch ist sie weiterhin aktiv in den Alltag ihres Heimatortes eingebunden und auch weiterhin am Wohlergehen der Jugendlichen interessiert: „Die ungarndeutschen Jugendlichen haben heute eine breite Auswahl an Möglichkeiten, ihre Traditionen pflegen zu können. Dabei werden sie von vielen Stellen gefördert. Jedoch ganz wenig Gruppen sind mir bekannt, bei denen aber auch der deutschen Sprache eine wichtige Rolle zukommt. Ich denke, da haben Ältere in den jeweiligen Ortschaften noch viel zu tun. Selbstverständlich sind Jugendliche, die ein deutsches Gymnasium absolvierten, meist aktiver auf diesem Gebiet. Nach einem solchen Start kann ich nur begrüßen, wenn sie sich dann auch als Vertreter der Gemeinschaften engagieren. Schade ist es aber um die Jugendlichen, die unsere Schulen verlassen, und weiterhin keinen Kontakt zur deutschen Kultur haben. Manche gehen ins Ausland oder bekommen eine Stelle bei einer deutschen Firma. Ihnen kommen dann die Deutschkenntnisse zugute – die Identität spielt bei ihnen keine Rolle“, erklärt sie.

Agatha Hárs ist nicht nur beruflich, sondern auch privat leidenschaftlich bei der Traditionspflege dabei. Auf ihre Initiative wurde 2002 der Wagenhoffer-Frauenchor in Tscholnok gegründet: „Der von mir geleitete Schulverein veranstaltete eine Gedenkfeier an den Kollegen Johann Wagenhoffer. Mit meiner Kollegin riefen wir eine Gruppe zusammen, die unter ihrer Leitung mal sangen – daraus ist der heutige Chor entstanden. Es ist erfreulich, dass die Mehrheit der Mitglieder auch den Dialekt spricht, so können die Texte der Lieder oft analysiert werden.“ Hárs ist auch in der örtlichen Deutschen Selbstverwaltung tätig: „Diese Arbeit bringt mir viel Freude. Sich mit der Vergangenheit und Volkskunde der Deutschen von Tscholnok zu beschäftigen, ist für mich eine Pflicht, der ich gerne nachkomme. Der von mir gestartete Mundartkreis ist 13 Jahre alt. Wir veranstalteten im März den 3. Mundarttag. Das sind abwechslungsreiche Treffen von Dialektsprechern von nah und fern. Gerne betreue ich auch Mundartrezitatoren bei ihrer Vorbereitung. Lehrpfad und Ortsmonographie – das waren Riesenprojekte in diesem Jahr, bei denen ich meinen Beitrag leistete. Wenn ich dann auch mal den von mir lang gehegten Traum verwirkliche, und ein Mundart-Wörterbuch fertig stelle, bin ich erleichtert. Die noch übrig gebliebene Zeit verbringe ich mit meinen neueren Hobbys: Ahnenforschung und Wandern“, berichtet sie.

AgathaHárs ist stolze Mutter von einem Sohn und einer Tochter und Großmutter von zwei Enkelkindern. Sie verbringt so viel Zeit mit ihnen wie nur möglich. „Sie in Bayern zu betreuen, ihre wunderbare Zweisprachigkeit zu fördern und zu begleiten – das nenne ich ein wahres Glück.“

Gabriella Sós

Foto: NZ-Archiv

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