Budapest13 Abgeordnete

Deutsche Selbstverwaltung Budapest XIII.
25 Jahre – Chronik und Ausblick

Im Januar 1995 bildete sich unter dem Vorsitz von Géza Hambuch die erste Selbstverwaltung der deutschen Minderheit im traditionsreichen XIII. Bezirk der Hauptstadt. Als Hauptziel verfolgte die fünfköpfige Körperschaft von Anfang an die Pflege der traditionellen Kultur und die Bewahrung und Stärkung der Muttersprache.

Bereits ein Jahr später erfolgte der erste wichtige Schritt im Interesse unserer Sprache: die Gründung eines Klassenzuges mit zweisprachigem deutschem Nationalitätenunterricht in der Pannónia-Grundschule. Von Anbeginn unterstützt die Selbstverwaltung tatkräftig das Schulleben durch die Einbindung in das pädagogische und kulturelle Umfeld unserer Volksgruppe. Gemeinsame Veranstaltungen wie der Nationalitätentag des Bezirkes, das Maifest und das Erntedankfest, der Laternenumzug am Martinstag, der Binkelball stärken die Zusammenarbeit unserer Institutionen. Jedes Jahr kommt es im Januar zum Doppel-Wettbewerb für Rezitation in Deutsch, wir veranstalten nämlich dieses Fest zu Ehren der deutschen Sprache weiterhin nicht nur für die Schüler vor Ort, die Deutsch als Nationalitätensprache lernen, sondern für alle im Bezirk in den Jahrgängen 1 bis 12, die Deutsch als Fremdsprache wählten.

Einen besonderen Stellenwert nimmt in der Traditionspflege der Volkstanzunterricht ein, geleitet vom ersten Jahr an vom begnadeten Tanzlehrer und Choreographen Nikolaus Manninger, der nicht nur schöne Erfolge mit den kleinen Tänzern bei Wettbewerben erreichte: sein Ziel war, wie auch das seiner Nachfolger, in jedem Kind die Liebe zum deutschen Volkstanz, zur Volkskultur – wenn auch im Großstadtmilieu – zu wecken. Diesem Ziel dienen auch die Sommerlager der Schüler in ungarndeutschen Dörfern landesweit, die nicht nur Kenntnisse vermitteln, sondern eher noch tiefe Erlebnisse von Bräuchen und Sitten, also vom Menschlichen in den Traditionen wecken sollen.

In den letzten zehn Jahren, unter der Leitung der Vorsitzenden Katalin Mayer-Katona, wurden die gemeinsamen Aktivitäten erweitert, die Unterstützung vertieft. Seit 2012 verleiht die Deutsche Selbstverwaltung einem Abgangsschüler des deutschen Klassenzuges ein Jahresstipendium von monatlich 5000 Ft: die Besten im schulischen und kulturellen Bereich bewerben sich jedes Jahr. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bühne Ungarn und dem Attila-József-Kulturzentrum des Bezirkes laden wir seit acht Jahren die Seksarder zum Gastspiel ein. Dabei wird den Kleinen in der Unterstufe im Festsaal der Schule ein „Märchen aus dem Koffer“ vorgetragen. Den Großen wie auch den geladenen Gästen: Schülern, Lehrern, Mitbürgern aus dem Bezirk, oft auch Auswärtigen, den zwei- bis dreihundert Zuschauern werden auf der Bühne des Kulturzentrums deutsches Wort, Spiel, Musik dargeboten. Seit dem Bestehen der ungarndeutschen Lehrpfade besuchen die Sechstklässler, zusammen mit den Germanistikstudenten des Nationalitätenfaches der ELTE, unter der fachkundigen Leitung von Maria Erb, Leiterin des Ungarndeutschen Forschungszentrums, einen Lehrpfad in St. Iwan oder Tarian. Sogar die Schüler aus der Partnerschule in Neuenbürg (Baden-Württemberg) konnten einmal daran teilnehmen, wie auch an anderen gemeinsamen Ausflügen mit ihren Gastgebern (Bogdan, Wudersch, Atschau). All diese Veranstaltungen wurden mit unserer organisatorischen und finanziellen Unterstützung verwirklicht.

Im Herbst 2011 veranstalteten wir sogar eine Projektwoche der ungarndeutschen Kultur: Theaterstück, Vorträge, Bastelnachmittag und ein bunter Kulturabend mit „einheimischen“ und auswärtigen Gästen waren eine echte Herausforderung, aber auch ein Erfolg. Literarische Abende und Lesungen (mit Angela Korb, Josef Michaelis, Robert Becker), finanzielle Unterstützung von NZ- und VUdAK-Büchern, wie Angela Korb: Reigöd vom Weidepam, Josef Michaelis: Symbiose, Georg Wittmann: Schwarze Wolken, Christina Arnold: Wolki und ihre Freunde, Maria Erb-Maria Wolfart: In memoriam Valeria Koch, die es hätte geben können erweitern das Bild. Von der engen Zusammenarbeit mit VUdAK zeugen auch die Teilnahme an der Entstehung der Wanderausstellung über das Lebenswerk von Valeria Koch sowie der aus den Kinderillustrationen zu den Koch-Gedichten. Ein hohes Maß an Organisation bedeutete auch die Gedenkausstellung des Grafikers Robert König in der Aula des Bürgermeisteramtes.

Ein besonderes Kapitel bildet die Reihe von Studienreisen, die wir mit unserem Freundeskreis in den ungarndeutschen Regionen unternommen haben. Die erste führte in das weite Sathmar und nach Semplin, nach Wallei, Trautsondorf und Ratka. In der Tolnau genossen wir die Gastfreundschaft der Lux-Stallgalerie in Kalas und verbrachten unvergessliche Stunden in der Kellerreihe von Jerking. Aus dem Bakonyer Wald erinnern wir uns gern an Gespräche in Banda, Jaka und Deutschhütten, und wir bestiegen auch die Stufen des Kalvarienberges in Polan. Im Schildgebirge ergriff uns die Vielfalt der Gedenkstätten (Kosma, Kapeln, Gant, Boglar) und die Eifrigkeit der Menschen, die sie stellten und pflegen. Eine besondere Note verlieh dem Besuch des Landeslehrpfades in Baje, dass wir ihn mit der Führung der Leiterin des Projektes Maria Erb beschritten haben. Den Tag schlossen wir in Hajosch, was ja keiner besonderen Erklärung bedarf.

Einige Reisen führten auch ins Mutterland, wo wir Menschen trafen, die sich mit uns verbunden fühlten und Werte und Kenntnisse vermittelten, die gegenseitig die Identität stärkten, Institutionen, die Muster und Wege für die Zukunft vorzeigten. Bei den deutschen Minderheitenorganisationen in Polen, in der Zips, in Schleswig und in Südtirol trafen wir auf bekannte Probleme, aber auch Möglichkeiten für deren Lösungen.

Als Schlusswort ergibt sich am besten: Diese 25 Jahre lassen uns hoffen, dass unsere Nachkommen ein reiches, vielfältiges Bild von den nächsten 25 zeichnen werden!

Maria Wolfart-Stang

stellvertretende Vorsitzende DSVW XIII. Bezirk

Foto: Die Abgeordneten der Deutschen Selbstverwaltung im XIII. Bezirk der Hauptstadt: Maria Wolfart, ausgezeichnet mit „Für das Deutschtum in Budapest“, Katalin Mayer-Katona, Ernst Josef Tremml-Kurcz und Éva Tüttő-Rácz

Aus dem Inhalt

Die Doppelausgabe zu Weihnachten und Neujahr erschien auf 40 Seiten.

Freiwilliger Preis des Jahres in der Branau an Frauen in Gereschlak

Vor zehn Jahren hat es begonnen, dass die „Ausstellungsleiterinnen“ in Gereschlak Kindergruppen aus deutschen Nationalitätenschulen, Erwachsenengruppen aus dem In- und Ausland empfangen, mit den Kindern Projektarbeiten machen (Hefeknödel backen, Monogramm ausnähen, Papierblumen fertigen usw.) sowie Volkskundestunden halten (oft zweisprachig). Die Deutsche Selbstverwaltung von Gereschlak hat zur Anerkennung der Arbeit der freiwilligen Frauen eine Bewerbung beim Komitatstag eingereicht, so haben die Helferinnen den Preis der Freiwilligen des Jahres in der Branau bekommen.

Neun Jahre lebendig tot

Kriegsgefangen in Russland und Ungarn

„Wir wollen heim“ ist eine Zeile eines Gedichts von Richard Wagner. „Nirgendwo Hilfe, nirgendwo Trost, niemand will helfen, alles verlost“ geht das Gedicht weiter. Es beschreibt die hoffnungslose Lage von Männern, die in einem Internierungslager in Ungarn vor der Welt versteckt gehalten und zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Die ungarischen Politiker und Behörden leugneten die Existenz dieser Männer. Man kann sich kaum vorstellen, dass sich so etwas in den 1950er Jahren in Ungarn abspielen konnte. Die Rede ist vom wenig bekannten, aber umso berüchtigteren Lager von Tiszalök.

Weihnachten 1945 in Russland

Theresia Hofmann ist heute mit 94 Jahren die Zweitälteste im Eleker Heimatkomitee in Deutschland. Sie war 1944 Schülerin in Neuwerbaß. Hätte sie sich am 21. September mit vier Schulfreundinnen – trotz Warnungen – nicht auf den Weg gemacht, wäre sie diesem Schicksal vielleicht entkommen. Aber sie wollten unbedingt heim. Als sie am 24. in Elek ankamen, waren die Russen schon da, so musste sie die grausamen Kriegsereignisse miterleben, die die Zivilbevölkerung in ihrem Heimatort im Herbst 1944 erlitt. Im Januar 1945 wurde sie zur Zwangsarbeit verschleppt. An diese Zeit erinnert sie sich mit herzergreifenden Worten im Erlebnisbericht.

Der erste Weihnachtsbaum der Welt.

Kulturgut oder nur gutes Marketing?

Zwischen klassizistischem Rathaus, stolzem Roland, prächtigem Schwarzhäupterhaus und brachialem Okkupationsmuseum fällt sie gar nicht auf, die runde Steinplatte auf dem Rigaer Rathausplatz. Man muss sie geradezu suchen. Außer in der Weihnachtszeit, denn dann steht auf ihr eine Stahlskulptur, die nachts beleuchtet wird: das Denkmal für den ersten Weihnachtsbaum der Welt. Der erste Weihnachtsbaum soll genau hier gestanden haben, in der heutigen Hauptstadt Lettlands. Das ist die Botschaft, die Steinplatte und Stahlskulptur in die Welt senden sollen – und die jedes Jahr wieder von Medien aus aller Welt aufgegriffen und verbreitet wird.

„Krippele schaugn“ in den Krippendörfern im Inntal

Franz von Assisi hätte sich wohl nicht gedacht, dass seine Idee, 1223 in Greccio das Weihnachtsgeschehen mit Tieren und Menschen nachzustellen, einmal ein weltweites Brauchtum auslösen würde. Ebenso wie es sich der österreichische Kaiser Joseph II. wahrscheinlich nicht vorstellen konnte, dass sein Verbot von 1782, in Kirchen Weihnachtskrippen aufzustellen, nicht beachtet und im Gegenteil vor allem im Alpenraum zum Auslöser einer wahren Krippenbegeisterung werden würde. Für einige Jahre verschwanden die Kirchenkrippen, das Volk aber verlegte die liebevollen Szenen in die Bauern- und Bürgerhäuser. Nach der Aufhebung des Verbotes kehrten die Krippen zwar in die Kirchen zurück, wurden aber auch weiterhin in den privaten Häusern aufgebaut. Und dort sind sie noch heute. In Tirol ist man nicht nur katholisch, sondern auch gläubig, und das findet seinen Niederschlag in christlichen Bräuchen.

Privatkrippe Moderne Krippe Schnitzer Prof. Martin Gundolf, Besitzer Fam. Willard

Die nächste Ausgabe der Neuen Zeitung erscheint am 8. Jänner.

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Weitere Artikel

Marok: Die Erinnerungen an das „HAUS“ bleiben immer schön

Ich heiße Molnár Lászlóné, geboren als Erzsébet Mancz am 15. Dezember 1940 in Marok (damals Püspökmárok, heute Erdősmárok), einem kleinen ungarndeutschen Dorf im Komitat Branau.

Gala in Komitat Wesprim

Der Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.

„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen

Den Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.

„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller

Der Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.

300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm

Die Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.