Wenn es August war, hieß es schon in der ganzen Gegend: Kierito in Hoaka! Der Kirchtag, der Kierito, wie man ihn in unserem hienzerischen Dialekt nennt, war einst in Harkau eines der größten Feste, wenn nicht das größte Fest! Harkau war bis zur Vertreibung am 12. Mai 1946 (Einwohner: 1035) rein deutschsprachig und bis auf zwei Familien evangelisch! Unsere Ahnen blieben ihrem gewählten lutherischen Glauben in allen Zeiten und unter allen Umständen immer treu!
Als protestantische Kirchengemeinden zugelassen wurden, haben die Harkauer sofort alles unternommen, um die evangelische Kirchengemeinde gründen zu können. Eine dreiköpfige Delegation war sogar persönlich zur Audienz bei Kaiser Joseph II., und bat um Erlaubnis. Schließlich entstand am 1. November 1783 die evangelische Kirchengemeinde und am 12. August 1787 wurde die Kirche eingeweiht. Seit diesem Tag hatten die Dorfbewohner jedes Jahr am Sonntag nach dem 12. August ihren Kierito ganz groß, mit vielen Traditionen, gefeiert!
1946 wurden 99 % der Bevölkerung des Dorfes vertrieben. Und die neuen Ansiedler waren zu 80 % römisch-katholisch. Doch wurde im zwischen 1947 und 1990 umbenannten Dorf Magyarfalva(!?) nur der Kierito der Evangelischen abgehalten. Leider ohne die vielen Traditionen, aber erfreulich für die 15 heimatverbliebenen Ungarndeutschen, die leider immer weniger wurden: Der Ureinwohner, Teofi/Gottlieb Payer, starb am 7. Oktober 1997.
Seit der Wende wollen viele in der westlichen Region unseres Landes, in der Gegend von Ödenburg wohnen und deshalb wird in den letzten Jahren auch bei uns in Harkau sehr-sehr viel gebaut. Was nicht erfreut hat! Heute denke ich darüber anders, denn dieser Tatsache verdanken wir, dass wir die Harkauer Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung gründen konnten!
Bei den Letzten der alten Harkauer, in der Familie Payer, wurde die deutsche Kultur weitergegeben und gepflegt in jeder Form: Sprache, Dialekt, Musikliebe, Essgewohnheiten und Traditionspflege. Die beiden Töchter des Gottlieb Payer haben je vier Kinder, auch die Schwiegersöhne sind Ungarndeutsche aus Raab und aus Fünfkirchen, gebürtig in Sulk. Aber eine deutsche Selbstverwaltung konnte man in Harkau erst gründen, weil auch Ungarndeutsche aus Brennberg, Ödenburg, aus der Schwäbischen Türkei, aus dem Bakonyer Wald, aus dem Schildgebirge, aus dem Budapester Raum, aus dem Komitat Eisenburg usw. ein Haus bauten!
Die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung organisiert von Anfang an jährlich im August den traditionellen Kierito! Mit großem Festzelt, mit vielen eingeladenen Gästen, mit Tanzgruppen und Chören, Handwerkermarkt, Kinderspielplatz, Korbringelspielen und Ähnlichem!
Dieses Jahr musste das Feiern auch in Harkau anders ausfallen! Wir hatten aber dennoch einen schönen Festtag gehabt!
Am Vormittag war der Gottesdienst, bei dem vier Kinder getauft wurden! Das Programm am Nachmittag verlief im großen Pavillon im Hof und Garten der evangelischen Kirche. Wir hatten auch einen besonderen Gedenktag! Vor 190 Jahren wurden am Kirchtag das große, palastartige evangelische Pfarrhaus und im Erdgeschoss die Schule eingeweiht, und vor 130 Jahren die neue Schule, die heutige Pantzer-Gertrud-Schule übergeben. Es wurde für die beispielhafte Arbeit den Lehrern mit einer Kerze und Blume gedankt. In Harkau sind schon 1588 ein Lehrer bzw. eine Schule dokumentiert!
Beim Handwerkerprogramm für die Kinder arbeiteten wir absichtlich mit Materialien, die für unser Dorf einst ganz typisch waren: mit Wolle, mit Hanfleinwand. Es wurden Bilder, Bänder und auch Puppen verschiedener Art gebastelt.
Der Höhepunkt war der Dämmerschoppen der Harkauer Blaskapelle unter der Leitung von Gergely Friedrich. Es ist sehr erfreulich, dass sich die Zahl der Musikanten um zwei Zwölfjährige erhöht hat!
Beim Kierito wird immer ein großer mit hellblauen Bändern geschmückter Rosmarin verlost. Dieses Jahr hatte ein treuer Gast aus Ödenburg das Glück! Anschließend wurde bei der Agape am mit Produkten aus der alten traditionellen Harkauer Küche reich gedeckten Tisch noch lange geplaudert.
Eine unserer sehr wichtigen Aufgaben in der Selbstverwaltung, aber auch natürlich in den Familien ist, unsere Sprache und unsere Traditionen zu pflegen, zu zeigen, zu lehren und weiterzugeben!
Auch deshalb also heißt es jedes Jahr: August: Traditioneller Harkauer Kierito!
Ilona Gertrud Haris-Payer
Vorsitzende
Foto: Németh Péter
Aus dem Inhalt
Deutsch-ungarische Freundschaft vor historischer Kulisse
Willander Auszeichnung für OSL Wolf P. Illner
Vor 333 Jahren haben bei der Schlacht am Heschener Berg Soldaten gegen die osmanische Herrschaft und für die Freiheit Ungarns und Europas gekämpft. Am 15. August gedachten die Willander und Heschener Selbstverwaltung, das Gedenkkomitee der Schlacht am Heschener Berg sowie die eingeladenen Gäste und Interessenten den Opfern des historischen Ereignisses. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurden auch Oberstleutnant Wolf P. Illner und seine Gattin Jeannette Illner ausgezeichnet.
Nachruf auf Klaus M. Reiff
„Ein Blick zurück nach vorn“
Am 19. August verstarb Klaus M. Reiff, der in den 90er Jahren Kulturattaché und Botschaftsrat an der Deutschen Botschaft war. Im Januar 2021 wäre Klaus M. Reiff 80 geworden. In einem persönlich gehaltenen Nachruf würdigt der frühere DBU-Intendant András Frigyesi die Verdienste von Reiff um die Förderung der kulturellen Belange der Ungarndeutschen. Staatspräsident Árpád Göncz verlieh dem Botschaftsrat bei der Übergabe des Gebäudes des Deutschen Theaters in Seksard für seinen „persönlichen Einsatz um die Förderung der kulturellen und menschlichen Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland“ das Kleinkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn.
Vielfältige Erinnerungen an eine heterogene Stadt
Rijeka, Kulturhauptstadt Europas 2020
Dieses Jahr trägt Rijeka, die Hafenstadt an der nordadriatischen Küste Kroatiens und gleichzeitig die drittgrößte Stadt des Landes, zusammen mit der irischen Stadt Galway den Titel »Europäische Kulturhauptstadt«. Unter dem offiziellen Motto »Hafen der Vielfalt« werden nicht nur die vibrierende Kulturszene der Gegenwart, sondern auch ausgewählte Zeitabschnitte aus der komplizierten und wechselvollen Geschichte der Stadt – seit 1719 Freier Königlicher Hafen – in den Mittelpunkt rücken.
Die GJU-Familie auf Urlaub
Fahrradtour von GJUlern in der wunderschönen Branau
„Lustiges Abenteuer, ganz im Süden“ – so könnte man vielleicht am besten die diesjährige Fahrradtour der GJU in der Branau zusammenfassen. Leider fiel wegen der Corona-Pandemie die grenzüberschreitende Fahrradtour in Sathmar aus. Man wollte aber heuer auf das gemeinsame Fahrradfahren auch nicht ganz verzichten, so kam die Idee, in einem engeren familiären Kreis, als Privaturlaub die hohen Hügel und die zauberhaft schönen Gemeinden der Branau zu entdecken, die dort wohnenden netten Freunde und Partner aufzusuchen.
Oma’s Küche in Großnaarad
Der Deutsch-ungarische Freundeskreis „Großnaarad-Nagynyárád“ griff Anfang 2020 eine vor Jahren sehr erfolgreiche Veranstaltungsserie mit dem Namen „Oma’s Küche“ wieder auf. Das Ziel der Aktivität war einerseits, dass interessierte Personen durch die gemeinsame Zubereitung der Gerichte die traditionelle deutsche Küche des Dorfes kennenlernen, andererseits durch gemeinsame Verzehrung der Speisen im Freundeskreis die Gemeinschaft zu stärken und einen angenehmen Nachmittag bzw. Abend zu verbringen. Die Seele dieser Aktivitäten ist Frau Gisela Zsifkovics.
Tiedisch: Museumsbesuch – neues Brot – buntes Programm
Seit mehreren Jahren wird der Staatsfeiertag in Tiedisch zweisprachig gestaltet. Die Deutsche Selbstverwaltung beginnt das Fest mit dem Öffnen der Tür zum kleinen Dorfmuseum. Hier werden alte Landkarten gezeigt und die Dorfgeschichte in Wort und Bild dargestellt. Die Fotos aus dem Dorfleben werden immer wieder bestaunt. In diesem Jahr wurde ein fast 100 Jahre alter Hausaltar von Elisabeth Blándl ausgestellt. In der neuen Vitrine liegt jetzt der Vertrag der Bewohner von Ráz-Töttös mit dem Fürsten Philipp von Batthyány aus Németh Bolly aus dem Jahre 1859. Das Wachssiegel und die Unterschrift sind auch nach fast 170 Jahren gut erhalten.
Gala in Komitat Wesprim
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Herbst schenkte uns ein herrliches Wetter mit heiterem Sonnenschein und bunten Blättern, ideal für die Wesprimer Komitatsgala am 12. Oktober in Papa. Zu Anfang zelebrierte Hochwürden Zoltán Tál eine innige deutschsprachige Messe in der Benediktinerkirche im Herzen der Stadt, stilvoll und angemessen auch für die Segnung der Preise, die später verliehen wurden.
„Sag beim Abschied leise Servus“ Trauer um einen Stimmkollegen
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDen Ferenc-Faluhelyi-Preis der Stadt Fünfkirchen hat Johann Ritter nicht mehr persönlich entgegennehmen können. Seinen 68. Geburtstag hat er noch erlebt, doch am 11. September 2024 hat er für immer die Augen geschlossen.
Ein hervorragender Klarinettist, der die ungarndeutsche Blasmusik in ihren einzelnen Schwingungen authentisch erklingen ließ – von ihm müssen wir uns nun verabschieden.
„Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDer Verband der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltungen der Tolnau hat den diesjährigen Niveaupreis „Für das Ungarndeutschtum in der Tolnau“ an Georg Müller verliehen. Die Auszeichnung wurde beim Komitatstag am 2. September im Mihály-Babits-Kulturzentrum in Seksard vom Vorsitzenden der Deutschen Nationalitäten-Selbstverwaltung der Tolnau, Georg Féhr, und vom Ehrenvorsitzenden des Verbandes der Deutschen Selbstverwaltungen der Tolnau e.V., Dr. Michael Józan-Jilling, überreicht.
300 Jahre entlang der Donau – Deutsches Jugendcamp in Ulm
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterDie Deutsche Selbstverwaltung Gereschlak hat mit einem Antrag an den Bethlen-Gábor-Fondsverwalter eine Förderung von 1,5 Millionen Forint für ein deutsches Nationalitätencamp gewonnen. Das Ziel war, ein besonderes Jugendcamp mit ungarndeutschem Hintergrund in Ulm zu organisieren, um auf diese Weise der 300-jährigen Ansiedlung der Deutschen in Ungarn zu gedenken. In Ulm und Umgebung haben wir Fahrradtouren unternommen, um die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Wir haben auch aus Gereschlak und Umgebung vertriebene Deutsche in und um Ulm besucht.
Weinlese 2024 – Ernte mit Hitzeschlag
/in Aktuell, Neue Zeitung /von retipeterIn Nadwar waren die staubigen Wege zu den Weinbergen voller Traktoren und eifriger Winzer, es herrschte ein reges Treiben im Kellerdorf. Bis Ende August waren fast alle Trauben schon geerntet, weit vor der üblichen Zeit. „Fast einen Monat früher mussten wir alles lesen“, erzählen die Winzer, die bemüht sind. den Most im Gleichgewicht zu halten. Die Hitze ist man bei diesen Arbeitsvorgängen nicht gewohnt, Umdenken und schnelles Reagieren sind gefragt. Zwar ist die Qualität meist gut, auch wenn die Trauben weniger Saft tragen, aber die Mengen werden wegen der schonungslosen Hitze auf jeden Fall geringer ausfallen.