Gedenktag an die Vertreibung der Ungarndeutschen in Stuttgart

Die erste Gedenkfeier zur Erinnerung an die Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit der Ungarndeutschen in Stuttgart, der Hauptstadt von Baden-Württemberg, fand am 20. Januar statt, organisiert vom Ungarischen Kulturinstitut Stuttgart unter seinem Direktor Dr. Dezső Szabó mit Unterstützung der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn (LDU) und der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU). Das literarische Rahmenprogramm gestaltete die Regionaltanzgruppe Lochberg aus Schambek/Zsámbék.

Literarische Darbietung der Jugendgruppe aus Schambek Foto: Zsolt Dencsik Literarische Darbietung der Jugendgruppe aus Schambek / Foto: Zsolt Dencsik

„Mehr als 200.000 Deutsche sind nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ungarn vertrieben worden, wodurch Ungarn ein Stück seiner ungarndeutschen Identität verlor. Die Einführung eines offiziellen Gedenktages am 19. Januar für die vertriebenen Ungarndeutschen ist eine wohlwollende Geste der Versöhnung in Europa, die das Kulturinstitut von nun an jedes Jahr in Erinnerung rufen möchte“ – vermerkte das Institut auf seiner Webseite. An diesem Tag mussten 1946 in Wudersch die ersten Ungarndeutschen in Viehwaggons ihre Heimat verlassen. Bereits ab Dezember 1944 wurden Ungarndeutsche in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit verschleppt. Als „Tradition der Erinnerung an die Vertriebenen“ bezeichnete Generalkonsul Dr. János Berényi den Gedenktag. Er betonte, die Vertreibung der Ungarndeutschen sei für Ungarn heute noch ein tragisches Geschehnis.

Joschi Ament, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, erzählte, dass das Schicksal seiner Großeltern auch sein Schicksal geworden sei. Die junge Generation soll in der ganzen Tragweite begreifen, dass Vertreibung nie mehr vorkommen dürfe. Es sei an der Zeit, dass Ungarn bereit sei, sich der historischen Verantwortung zu stellen und mit dem Gedenktag der tragischen Geschehnisse zu gedenken.

Dr. Katalin Gajdos-Frank, Mitglied der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, schilderte auch das persönliche Schicksal der Frank-Familie Foto: Maria Klotz Dr. Katalin Gajdos-Frank, Mitglied der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, schilderte auch das persönliche Schicksal der Frank-Familie / Foto: Maria Klotz

Dr. Katalin Gajdos-Frank, Mitglied der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, schilderte, dass die Frank-Familie persönlich die Verschleppung aus Wudersch durchlebte. Sie gab einen historischen Überblick über die Vertreibung und sprach davon, dass die LdU bei den Parlamentswahlen mit dem Ziel antrete, einen ungarndeutschen Abgeordneten ins Parlament zu wählen. So könnte man direkt mehr erreichen, sagte sie.

Dr. József Czukor, Botschafter a. D., außenpolitischer Berater des Ministerpräsidenten, führte aus: Die Erinnerung habe nur Sinn, wenn sie dazu diene, dass sich Ähnliches niemals wiederhole. Der Gedenktag sei eine moralische Pflicht; im Lehrstoff der ungarischen Grund- und Mittelschulen werde das Thema „Verschleppung“ schon behandelt. Die ungarische Regierung unterstütze die Bewahrung der Identität und der Kultur der Ungarndeutschen. Die Leidensgeschichte der Ungarndeutschen soll uns daran erinnern, dass es das unveräußerliche Recht des Menschen sei, dort zu leben, wo er geboren ist, in der Kultur, in dem Land, in der Siedlung, wo sein eigenes Zuhause ist. Ehrfurcht den Opfern. Gebührende Erinnerung an die Leidenden. Anerkennung und Ruhm jenen, die den Vertriebenen in Not geholfen hatten.

Julian Würtenberger, Ministerialdirektor im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration des Landes Baden-Württemberg, betonte: Die Einführung des Gedenktages durch das Ungarische Parlament sei eindeutig ein Beweis dafür, dass man die Vertreibung nie vergessen dürfe. Julian Würtenberger zitierte die Gedanken des Schriftstellers Péter Nádas aus seinem „Buch der Erinnerung“: „Ohne die Erinnerung von Gefühlen gibt es keine Erinnerung.“

Den Reden folgte eine literarische Darbietung der Jugendgruppe aus Schambek unter der künstlerischen Leitung von Sandra Titanilla Fuchs. Einige Mitglieder der Regionaltanzgruppe Lochberg (GJU-Freundeskreis) – Viktória Deák, Ferenc Keller, Anna Koós, Bence Koós, Martin Vázsonyi, Anita Zámbó und Leiterin Sandra Titanilla Fuchs sowie Maria Klotz und Martin Surman-Majeczki trugen Gedichte und Prosastücke vor. Die Gruppe präsentierte folgende Werke: Claus Klotz „Das Zweiglein“, „Mein Heimatdorf“; Rückblick von Franz Reder aus Perwall; Franz Jelinek „Schambeker Heimatlied“ und Erinnerungen von den Vertriebenen Josef Sauter, Maria Techert (Schmidt), Paul Nimród. Die dramatisch-literarische Darbietung hatte großen Erfolg beim Publikum. Ein festlicher Empfang rundete den Gedenktag ab.

Die Schambeker Gruppe verbrachte vier Tage – vom 19. bis 22. Januar – in Gerlingen, wo sie die Gastfreundschaft der Stadt Gerlingen, des Abgeordneten der Stadt Gerlingen, Ehrenbürger von Schambek, Horst Arzt, seiner Frau Erika und Tochter Simone sowie des Geschäftsführers der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn Erich Gscheidle und seiner Frau Maria genossen. Außerdem wurde die Gruppe von Elke Siegle, Ansprechpartnerin im Rathaus Gerlingen für Partnerschaften, und ihrem Mann unterstützt. Am 21. Januar nahm die Gruppe am Programm „Begrüßung des Neuen Jahres“ in der Stadthalle teil, wo Bürgermeister Georg Brenner vor 800 Mitbürgern eine Rede hielt. Nach der Veranstaltung trafen sich die Tänzer mit vertriebenen Schambekern, die mit Tränen in den Augen über ihr tragisches Schicksal erzählten. Auf dem Programm standen der Besuch des Porsche-Museums in Stuttgart sowie etliche Gespräche bei gemütlichem Beisammensein.

Maria Klotz

 

Aus dem Inhalt

 

Gedenktag der Vertreibung in der Pannónia-Schule im XIII. Bezirk

Direktorin Márta Varga spricht zu den Schülern

Seit 2014 veranstaltet die Deutsche Selbstverwaltung des XIII. Bezirkes von Budapest jedes Jahr am 19. Januar in Zusammenarbeit mit den zweisprachigen Nationalitätenklassen der Pannónia-Schule eine Gedenkstunde der Vertreibung und Verschleppung der Ungarndeutschen. In der Aula der Schule wurde eine Gedenkwand zum traurigen Ereignis aufgestellt, mit zeitgenössischen Fotos, Auszügen aus Gesetzen und Verordnungen. Auch ein Bild vom alten Friedhof in Wudersch ist zu sehen, darauf die Pannónia-Schüler mit ihren deutschen Austauschpartnern aus Neuenbürg vor dem zentralen Vertreibungsdenkmal unserer Volksgruppe.

 

Das ist jetzt eine nationalitätenpolitische Frage

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Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen beteiligt sich mit einer ungarndeutschen Landesliste an den diesjährigen Parlamentswahlen. LdU-Vorsitzender Otto Heinek und der Parlamentssprecher der Ungarndeutschen Emmerich Ritter waren am 24. Januar Gäste des Zentrums . In der Veranstaltungsreihe „Auf dem Teppich“ informierten sie die Anwesenden im Budapester Haus der Ungarndeutschen über das ungarndeutsche Wahlprogramm.

 

Deutsche Volkslieder aus Marka

Das Liederbuch beinhaltet 131 Lieder, die von Ferry Seidl, geboren in Marka/Markó, in Noten gesetzt wurden. Marka liegt sechs Kilometer entfernt von Wesprim nördlich vom Plattensee. Deutsche Einwanderer gründeten den Ort 1747 auf der Gemarkung von Sankt Markus im Bakonyer Gebirge. 1948 erfolgte die Vertreibung der deutschen Bewohner aus dem Dorf, die Dorfgemeinschaft wurde zerstört, das deutsche Leben beendet. Diese Liedersammlung gibt einen Querschnitt aus dem reichen Liederschatz des Dorfes und dokumentiert damit einen Teil des deutschen Brauchtums.

 

AGROmashEXPO 2018 – Digitalisierung, Innovation, Technik, Verfahren, Umweltschutz

Auf der internationalen landwirtschaftlichen Fachmesse AGROmashEXPO auf dem Messegelände von Kőbánya-Budapest mit etwa 40.000 Quadratmetern präsentierten in Organisation der Firma Hungexpo vom 24. bis 27. Januar im Agrar-, Garten-, Forst-, Weinbau- und Kellereibereich mehr als 300 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen.

Das Dorfmuseum zu Hartau – Zusammenhang der Exponate

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Heimatmuseum, Ortshistorische Sammlung, Dorfmuseum – da kann man stets hineingehen und entdecken. Etwas aus der Vergangenheit, einen Hauch der Geschichte oder der Ahnen. Das ist auch so im Hartauer Dorfmuseum. Das ist für Historiker und Ethnographen wie eine Schatzkammer. Nicht nur die bereits bekannten und bewunderten bemalten Möbel. Viel mehr der Zusammenhang der Exponate – etwa wie diesen vor etwa 40 Jahren der Dorflehrer Teofil Rétfalvi erträumt hat.

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Auflösung des Mundart-Preisausschreibens „die Jähn“ (apremerisch) „die Jäne“ (sawederisch und mutschingerisch)

Die Jähn (die Jäne) ist ein altfuldischer Mundartausdruck aus der Landwirtschaft und leitet sich aus dem Verb: „ja(h)nen“ ab, vgl. Jahn (Deutsches Rechtswörterbuch – DRW). Sie bezeichnet eine bestimmte Landfläche (s. u. „II“ ebenda) und wird somit (vgl. unter „II1“) als der Teil einer bebauten Fläche, den eine Person zur Bestellung oder Aberntung vor sich hat und in einem Gang (siehe Etymologie) erledigt; dann auch „Arbeitspensum“ genannt.

Gedenken an die Vertreibung der Ungarndeutschen in Sachsen

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