Den Tag der Ungarndeutschen Selbstverwaltungen am 2. Januarsamstag konnte man heuer wegen der Corona-Pandemie leider nicht wie traditionell im Rahmen einer großangelegten LdU-Landesgala feiern. Durch die großzügige Unterstützung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, und in Zusammenarbeit mit der Redaktion der ungarndeutschen Fernsehsendung „Unser Bildschirm“ von MTVA wurde darum eine Fernseh- bzw. Online-Gala vorbereitet.
Der erste Teil der Zusammenstellung mit den Grußworten der LdU-Vorsitzenden Ibolya Hock-Englender, mit der Vorstellung der mit der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum Ausgezeichneten – Dr. Katalin Árkossy (Lehrstuhlleiterin im Germanistischen Institut der Eötvös-Loránd-Universität i.R.), Agnes Szauer (Hochschullehrerin und Hauptabteilungsleiterin i.R.) und Maria Wolfart-Stang (wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrerin i.R.) – sowie mit einer bunten Auswahl von Produktionen der Galaprogramme der Vorjahre wurde am 12. Jänner in „Unser Bildschirm“ gesendet.
Der zweite Teil – unter anderem auch mit der Vorstellung der diesjährigen Valeria-Koch-PreisträgerInnen – wurde am 19. Jänner (Dienstag) in „Unser Bildschirm“ gezeigt. Die Sendung „Dokuzóna“ bringt am 25. Jänner (Montag) um 22.30 Uhr in Duna World eine 52-minütige Zusammenstellung. Wiederholung am Samstag (30. Jänner) um 23.30 Uhr in Duna World.
Die Online-Version der Gala wird auch auf dem YouTube-Kanal der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen präsentiert.
Ausgezeichnet mit der Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum im Jahr 2021
Die Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum wurde auf Vorschlag der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung Gran an Frau Dr. Katalin Árkossy verliehen.
In der ungarndeutschen Gemeinde Sanktiwan bei Ofen war die Familie Osztheimer, aus der Dr. Katalin Árkossy stammt, beheimatet. Nach dem Studium der Germanistik und des Faches Ungarische Sprache und Literatur an der Eötvös-Loránd-Universität Budapest beschäftigte sich Dr. Árkossy sowohl in ihrer Diplomarbeit als auch in der Doktorarbeit mit Sprache und Gesellschaft des ungarndeutschen Bergmannsdorfes, aus dem sie kommt: damit, wie Brauchtum und Kulturgut der Ungarndeutschen trotz erzwungener Assimilationsversuche bewahrt werden können. Ihre Forschungen behandeln unter anderem auch die Möglichkeiten der Kulturtradierung und der Erneuerung kultureller Identität durch das Kennenlernen der Kultur im Dialekt.
Während ihrer Tätigkeit am Germanistischen Institut der Eötvös-Loránd-Universität Budapest leitete sie jahrelang den Lehrstuhl für Fachdidaktik. Nach der Gründung des Ungarndeutschen Forschungs- und Lehrerbildungszentrums durch Prof. Dr. Karl Manherz im Jahre 1994 übernahm sie die Organisation und Koordination ungarndeutscher und zweisprachiger Lehrerfortbildungen und postgradualer Ausbildungen, beteiligte sich an der Gestaltung des neuen Bildungskonzeptes und des Leitbildes für das ungarndeutsche Bildungswesen, redigierte eine ungarndeutsche pädagogische Fachzeitschrift, etablierte ein postgraduales Studium für Lehrplanentwicklungen und Zertifikat für Sprache und Literatur der Ungarndeutschen, organisierte einen Zusatzstudiengang für den deutschsprachigen Fachunterricht und zahlreiche Projekte mit deutschen Nationalitätenschulen sowie mit der Universität Eichstätt. Viele Publikationen kennzeichnen ihre langjährige wissenschaftliche Tätigkeit. Frau Dr. Árkossy ist seit 2006 Abgeordnete der Ungarndeutschen Selbstverwaltung ihres Wohnortes Gran.
Auf Vorschlag des Verbandes der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltungen der Tolnau e.V. erhielt Frau Agnes Szauer die „Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum“.
Agnes Szauer stammt aus einer ungarndeutschen Familie aus Kier/Németkér in der Tolnau. Nach den Grundschuljahren in ihrem Heimatdorf besuchte sie das Gymnasium in Paks. Nach der Matura studierte sie in an der Hochschule in Fünfkirchen, wo sie ihr Diplom als Lehrerin für Russisch und Deutsch erwarb. Später absolvierte sie an der ELTE einen Studiengang für deutsche Sprache und Literatur.
Die Familienerlebnisse in ihrer Kindheit und der Dialekt, den sie als Muttersprache von ihrer Mutter erlernt hatte, haben ihren ganzen Lebensweg bestimmt. Diese ungarndeutschen Lieder, Tänze und Geschichten hat sie durch all ihre Tätigkeiten an die jüngeren Generationen weitergegeben. Ihr sind zahlreiche Initiativen zu verdanken: Gründung einer Stiftung, Teilnahme am Aufbau eines ungarndeutschen Lehrstuhls, Mitarbeit und Lektortätigkeit an zahlreichen ungarndeutschen Büchern auch aus ihrem Heimatdorf („Kierer Liederbuch“, „Meine Mutters Küche“, „Kierer Gedenkbuch 1785-1985“, „Seele eines Dorfes“). Ihre ethnographische Arbeit ist bedeutend: Stücke aus ihrer Sammlung an Textilen und Glasnegativen waren schon bei mehreren Ausstellungen zu sehen. Sie hielt zahlreiche Vorträge an verschiedenen Konferenzen, an Universitäten in den unterschiedlichsten ungarndeutschen Themen.
Frau Szauer lehrte jahrelang an der Hochschule in Ödenburg angehende Deutsch-Kindergärtnerinnen bzw. an der Apor-Vilmos-Hochschule in Waitzen angehende Deutschlehrerinnen. Zurzeit lehrt sie an der ELTE angehende Kindergarten- und Grundschulpädagogen im ungarndeutschen Bereich.
Sie war mehrere Jahre als Hauptabteilungsleiterin im Amt für nationale und ethnische Minderheiten tätig.
Durch ihr kompetentes Wissen und durch ihr langjähriges Engagement ist sie unter den Ungarndeutschen zum „Begriff“ geworden. Sie zeichnet sich in allen ihren Tätigkeitsbereichen durch umfangreiches Wissen und Präzision aus.
Die Deutsche Selbstverwaltung Budapest XIII. Bezirk schlug Frau Maria Wolfart für die „Ehrennadel in Gold für das Ungarndeutschtum“ vor.
Maria Wolfart (geb. Stang), Jahrgang 1949, wuchs in Bawaz, im deutschen Dialekt auf. Sie unterrichtete am Deutschen Klassenzug des Kossuth-Lajos-Gymnasiums in Budapest und ab 1975 am Klára-Leőwey-Gymnasium in Fünfkirchen. Hier gründete und leitete sie die „Deutsche Bühne“, eine Schüler-Theatergruppe, die ungarndeutsche Szenen in der Mundart vortrug.
Zwischen 1984 und 1996 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Germanistischen Institut der ELTE. Sie bearbeitete das Tonarchiv der ungarndeutschen Mundarten bzw. die Dokumentationen zum Ungarndeutschen Sprachatlas und unterrichtete deutsche Sprachgeschichte und Dialektologie.
Nach einem fünfjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland an der Seite ihres Ehemannes Johann Wolfart, Leiter des ungarischen Konsulats in Bonn bzw. in Berlin, unterrichtete sie am Deutschen Nationalitätengymnasium in Werischwar deutsche Sprache und Literatur bzw. Volkskunde, war auch stellvertretende Direktorin. Talentförderung war für sie immer wichtig: Hervorragende Platzierungen und mehrere Valeria-Koch-Preis-Trägerinnen waren das Ergebnis.
Seit den 1970er Jahren nahm sie an der Übersetzung von Lehrwerken ins Deutsche für die ungarndeutschen Gymnasien teil. Nach der Einführung der zweistufigen Matura wirkte sie an der Ausarbeitung der Anforderungen und Vorgaben für das Fach Volkskunde mit und beteiligte sich auch an der inhaltlichen und fachlich-pädagogischen Gestaltung der mittelfristigen Bildungsstrategie der LdU („Wurzeln und Flügel“). Sie ist als Jurymitglied bei Rezitationswettbewerben ständig präsent.
Der Interessenvertretung der Ungarndeutschen wandte sich Maria Wolfart seit ihrer Pensionierung zu. Seit 2010 ist sie Mitglied und stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Selbstverwaltung des XIII. Bezirks. In dieser Funktion initiierte sie die Netzwerkbildung und Zusammenarbeit mit ungarndeutschen Ortschaften in verschiedenen Siedlungsgebieten und etablierte erfolgreiche Formen der Unterstützung des Deutschen Klassenzuges der Pannónia-Grundschule. Zwischen 2010 und 2014 war sie Mitglied der Deutschen Selbstverwaltung Budapest, von 2010 bis 2019 Mitglied der Vollversammlung bzw. des LdU-Bildungsausschusses. Seit seiner Gründung 2019 ist sie Vorsitzende des Otto-Heinek-Legats.
Erwähnt werden soll ihre vielseitige Publikations-, Lektorierungs- bzw. Übersetzertätigkeit. Eine ganz besondere Bedeutung mit persönlichem Bezug hat für sie die Betreuung des Nachlasses von Valeria Koch.
Wir gratulieren den Ausgezeichneten!
Aus dem Inhalt
Inventarisieren? Abgehakt
Das ewige Problem im Kreise der Heimatmuseen ist, wie sie mit ihren bescheidenen finanziellen Mitteln zu einer Betriebserlaubnis kommen könnten. Voraussetzung für eine solche Erlaubnis ist unter anderem ein Inventar der ausgestellten bzw. aller gesammelten musealen Gegenstände. Und ein Inventar kostet… Warum die Erlaubnis so begehrt ist? Weil unsere Heimatmuseen an staatlich ausgeschriebene Förderungen, Fördergelder nur mit dieser Erlaubnis rankommen. Ein Teufelskreis, wie es scheint. Eine Inventarisierung aus Eigenmitteln ist für viele kleine Heimathäuser ein Ereignis, das irgendwo in der Zukunft liegt, oder in die Kategorie „unerreichbar“ gehört.
Trach un Waalfisch
„Na, megájj, tu Trach, tu wiedige, niederträchtige, tu feirige!“ – habe ich den Satz auf frischer Tat ertappt gehört, so war es gewiss besser, sich aus dem Staub zu machen. In jenem Zipfel des Mittelalters, in das ich seinerzeit noch hineingeboren wurde, gab es Drachen nicht nur in schimpferischen Wortverbindungen. Nein, die Drachen sind nicht nur mythologische Wesen gewesen, die dafür herhalten sollten, kleine Kinder, wie mich, zu erschrecken und in die Flucht zu jagen, sondern sie waren Gestalten, an deren Existenz man halbwegs und insgeheim noch geglaubt hat. Beheimatet sind Drachen in großen Gewittern gewesen. Zog im Sommer ein plötzliches Unwetter heran, so sagte man: „Schaa mol tie finstre Wolge! To is’ jo en Trach trein!“ Da lief man schnell, um die Tiere in Sicherheit zu bringen, die Hühner sind eingesperrt worden, Katze und Hund durften ins Zimmer kommen. Die Kinder, „tie unschuldiche“, ließ man hinknien, um zu beten, damit der himmlische Vater sich erbarme, uns vor jedwedem Unheil verschone, und den Drachen durch einen seiner Erzengel (besonders durch Michael) davonzujagen befehle.
Unterwegs auf der Tschepele-Insel
Kleineisel, Aschenbrenner, Manger – diese sind in Hartian bis heute lebendige Familiennamen, die nach dem Ortsfamilienbuch von Johannes Neumayer von der Tschepele-Insel stammen. Diese Familien werden in Hartian bis heute mit dem Beinamen „Inzler“ bezeichnet – dieser Brauch liefert einen weiteren Beweis für ihre Abstammung. Die Uroma des Autors hieß Barbara Monger (die ursprüngliche Form dieses Namens ist ebenfalls Manger), und er wollte erfahren, wo die Wurzeln dieser Familien liegen, in welchen Gemeinden der Familienname am meisten verbreitet ist. Deshalb sucht er seine nette Kollegin aus der Vollversammlung der LdU Erika Rierpl auf, die die Deutsche Selbstverwaltung von Sankt Martin leitet, mit der Bitte, ihn auf alten deutschen Friedhöfen der Insel herumzuführen.
Musikalische Lockdown-Reflexionen aus Deutschland
Stefan Varga im Gespräch
Die Kultur ist zurzeit auf Corona-Sparkurs geschraubt. Die einzelnen Kunstsparten haben es nicht leicht, dennoch scheint eher noch die Musik besser zum Publikum zu finden, denn auf Tonträgern Musik zu hören war auch aus unserem normalen Leben vor der Pandemie nicht ganz verschwunden. Dennoch fehlen die Live-Konzerte und Begegnungen. Wie Gitarrist Stefan Varga (Foto: Dierk Treber) NZ erzählt, habe der Kampf gegen das Virus auch seine Arbeit stark behindert, „denn seit März 2020 wurden praktisch alle Konzerte abgesagt. Plötzlich wurde mir sehr bewusst, wie gut es ist, dass ich auch noch Gitarre und Ensemble an einer Musikschule unterrichte, denn dadurch konnte ich finanziell überleben“. Varga kann NZ-LeserInnen und HdU-Gästen bekannt sein, oft hatte er Auftritte in Budapest. Stefan Vargas Familie stammt aus Kimling, sein Vater flüchtete 1956 nach Deutschland. Stefans Mutter flüchtete aus der damaligen DDR in die BRD.
30 Jahre Deutsch-Ungarischer Freundschaftsvertrag
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