Inspirierende Begegnungen, zukunftsweisende Dialoge in Berlin
Bundeskanzlerin Merkel empfing Vertreter der deutschen Minderheiten: Den Höhepunkt der 25. Jahrestagung der unter dem Dach der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) funktionierenden Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) vom 7. bis 10. November in Berlin bedeutete das Treffen mit Angela Merkel im Bundeskanzleramt.
Eine besondere Gelegenheit für Meinungs- und Informationsaustausch bot sich für Vertreter deutscher Minderheiten im Rahmen der diesjährigen Tagung der AGDM in Berlin: Angela Merkel empfing sie im Bundeskanzleramt. Die Bundeskanzlerin gratulierte zum 25. Jubiläum der AGDM und sprach ihre Anerkennung für die geleistete Arbeit und für die wertvolle Brückenfunktion der deutschen Minderheiten aus. „Frau Dr. Merkel zeigte großes Interesse für unsere Arbeit, betonte die Wichtigkeit unserer Vermittlerrolle, und sie ermutigte uns alle, die deutsche Kultur und die deutsche Identität zu pflegen“, führte Otto Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen aus. „Sie versicherte uns der weiteren Unterstützung seitens der Bundesregierung. Wir hatten die Möglichkeit, uns eine halbe Stunde lang mit ihr zu unterhalten, und bei dieser Gelegenheit zeigte sie großes Interesse an unserer Arbeit. Unsererseits habe ich beispielsweise den Hinweis gegeben, dass in Ungarn die Nachfrage nach der deutschen Sprache wachse, und dieser Umstand für die Bundesrepublik Deutschland eine gute Möglichkeit biete, den Bildungsbereich noch mehr zu fördern.“
Die vor 25 Jahren in Budapest gegründete AGDM bietet den deutschen Minderheiten aus 20 Ländern ein Forum zur Diskussion und zur Zusammenarbeit. An der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung trafen sich über 50 Vertreter von rund 20 deutschen Organisationen. Die Ungarndeutschen waren durch Otto Heinek, den Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, und durch Dr. Hajnalka Gutai, Leiterin der Geschäftsstelle der LdU, vertreten. Am Treffen mit Angela Merkel nahm auch Parlamentssprecher Emmerich Ritter teil. Gleichzeitig fand in Berlin auch ein Treffen von Vertretern der deutschen Jugendorganisationen statt: Károly Radóczy, Geschäftsführer der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher, war dabei (siehe seinen Bericht weiter unten).
Arbeitsgespräche im Sinne des AGDM-Mottos „Minderheiten helfen Minderheiten“ sowie Diskussionsrunden mit Bundestagsabgeordneten und Mitarbeitern der zuständigen Ministerien bildeten das straffe Programm der Jahrestagung. Im Bundesministerium des Innern gab es einen Dialog zwischen Minderheitenvertretern über Perspektiven der Minderheitenpolitik, Vernetzungsmöglichkeiten und über die Relevanz der Jugend- und Medienarbeit. Im Auswärtigen Amt, in Anwesenheit von Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer und Hartmut Koschyk, dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, gaben Vertreter des Instituts für Auslandsbeziehungen den Start von Mind_Netz bekannt. Das Social Media Projekt Mind_Netz informiert und vernetzt deutsche Volksgruppen und alle, die sich für sie interessieren. Im Auswärtigen Amt fanden auch Gespräche mit Vertretern des Goethe-Instituts, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen statt. Bei der Diskussion im Bundespräsidialamt betonte Staatssekretär David Gill, dass die deutschen Minderheiten ein verbindendes Element untereinander, zwischen Mutterland und Mehrheitsbevölkerung und auch innerhalb ihres eigenen Landes seien.
Der Vorsitzende der LdU Otto Heinek bewertete die Jahrestagung der AGDM sehr positiv: „Persönliche Begegnungen mit den politischen Akteuren in Deutschland und der Meinungsaustausch mit den Kollegen aus ganz Europa befruchten unsere Arbeit, geben uns neue Ideen und Impulse. Der Empfang durch Frau Merkel war ein wichtiges Signal, dass unser Mutterland nach wie vor für uns da ist und uns unterstützt.“ Die AGDM wählte den Vorsitzenden des Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, zum neuen Sprecher. Diesen Posten bekleidete Jahre lang LdU-Mitglied Koloman Brenner.
Treffen von Jugendvertretern deutscher Minderheiten: Wertvolle Kontakte ausgebaut, um neue Ideen reicher geworden
An der Jubiläumstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in Berlin konnten auch die Jugendvertreter der Mitgliedsorganisationen teilnehmen. Als Geschäftsführer der GJU hatte Károly Radóczy die Möglichkeit und die Ehre, die ungarndeutsche Jugend vertreten zu können. Hier sein Bericht.
Da ich vorher noch an keinem internationalen Minderheitenprogramm teilnahm, hatte ich anfangs Angst, wie es mir gelingen würde, mich auch in einer für mich unbekannten Situation durchsetzen zu können. Gleich am ersten Tag hatte die Jugendsektion eine Tagung, wo wir im Rahmen eines Workshops zuerst die aktuelle Situation der deutschen Minderheiten kennen lernen konnten, dann versuchten wir zu sammeln, welche für die einzelnen Jugendlichen beziehungsweise die Jugendverbände zur Zeit die wichtigsten Bedürfnisse sind. Danach konnten wir Vorschläge machen, wie wir uns Lösungen für diese Probleme vorstellen.
Bei der ersten Sitzung der AGDM-Jugendvertreter trugen die Jugend Europäischer Volksgruppen (JEV) und die Deutsche Jugend in Europa (djo) mit positiven Beispielen für die weitere Entwicklung der Jugendarbeit unter den deutschen Minderheiten bei. Fast alle Jugendvertreter haben darauf hingewiesen, dass im Kreise der Jugendlichen die deutschen Sprachkenntnisse verbessert werden sollten. In der heutigen Welt brauchen die Jugendlichen auch mehrere außerschulische Sprachübungsmöglichkeiten, die neben der Hauptzielsetzung, Sprachkenntnisse zu entwickeln, auch zahlreiche andere Aspekte haben, die für Jugendliche wichtig sind. Zum Beispiel wäre eine intensivere Vernetzung zwischen den Jugendverbänden der deutschen Minderheiten wünschenswert. Bei internationalen Austauschprogrammen könnten gute Freundschaften geknüpft werden, die zur nachhaltigen Sprachübung sehr wichtig sind.
An der viertägigen AGDM-Tagung konnten wir an vielen Gesprächen und Empfängen teilnehmen, wo wir wichtige Politiker trafen, die sich mit der Förderung der Minderheiten beschäftigen. Wir hatten die Möglichkeit, die Lage in unserem Land zu schildern und unsere aktuellsten Wünsche zu erwähnen. Als Höhepunkt wurden wir von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. Das war eine schöne Geste von der Kanzlerin. Alle hatten das Gefühl, dass es jetzt etwas Besonderes und Persönliches ist.
Beim Treffen konnte ich wertvolle neue Kontakte ausbauen und ein bisschen diese für mich bisher unbekannte politische Welt kennen lernen. Mit diesen Erfahrungen kann ich ganz bestimmt der GJU und den ungarndeutschen Jugendlichen viel helfen, und ich wurde um gute neue Ideen reicher.
Die Teilnahme der Jugend an der AGDM-Tagung ist eine Herzensangelegenheit des Beauftragten für Aussiedlerfragen und Nationale Minderheiten Hartmut Koschyk. Ich möchte mich bei ihm und natürlich bei der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen herzlichst bedanken, dass ich an der Tagung mitwirken konnte.
Aus dem Inhalt
Ungarndeutsche Momente in Bildern
Zum neunten Mal ging „Blickpunkt – Wettbewerb der Bilder“ in der Budapester Kunsthalle zu Ende. Wie gewohnt, wurden alle Bilder am 12. November gezeigt bzw. die in die Endrunde gelangten Werke ausgestellt. Die Juroren hatten keine leichte Aufgabe beim Ermitteln der diesjährigen Preisträger. Beim Wettbewerb geht es ja nicht nur darum, das schönste Foto, Archivbild oder die schönste Postkarte einzureichen, sondern das Werk soll auch etwas über die Ungarndeutschen aussagen. 282 Beiträge sind eingetroffen und in der Kategorie Blickpunkt-Selfie-Instagram weitere 103. Auch dieses Jahr erwies sich die Vorstellung des Wandkalenders für 2017 als ein Höhepunkt der Veranstaltung, und als Überraschung präsentierte Direktorin Monika Ambach den Blickpunkt-Bildband, der die hundert aussagekräftigsten Bilder aus den ersten fünf Jahren des Wettbewerbs beinhaltet.
10. Kulturwoche am Germanistischen Institut der ELTE
Bei großem Interesse seitens der Dozenten und Studenten sowie weiterer Personen wurde vom 7. bis 10. November die 10. Kulturwoche des Budapester Germanistischen Instituts abgehalten. Die Jubiläums-Kulturwoche wurde wegen des Gedenkjahres auch Martin Luther gewidmet. Prof. Michael Prosser-Schell aus Freiburg sprach über das Schicksal der vertriebenen Ungarndeutschen, wie sie sich in der alt-neuen Heimat zurechtgefunden haben und ein neues Leben aufbauen konnten. Er schilderte gemeinsame Wallfahrten, den Kontaktaufbau zueinander, und zitierte Medienberichte aus der damaligen Zeit. Die Ungarndeutschen wurden, wie andere Vertriebene aus Osteuropa, ohne Rücksicht auf Herkunftsgemeinde oder Konfession untergebracht, oft wurden Familien voneinander getrennt.
Das Leben des Pfarrers Franz Napoleon Spannagel
Einer der ältesten Grabsteine auf dem Soltvadkerter Friedhof erinnert an den 1855 verstorbenen evangelischen Pfarrer Franz Napoleon Spannagel. In seiner Dienstzeit wurde die heutige evangelische Kirche eingeweiht (1837). Sein Tod im Alter von 47 erfolgte aus dienstlichen Gründen. Die damals tobende Cholera-Seuche verschonte ihn nicht. Die Beerdigungen der Verstorbenen fanden in den Häusern statt, so wurde sowohl er als auch sein katholischer Kollege infiziert.
Außerordentliche Vollversammlung der GJU
Eine außerordentliche Vollversammlung der GJU fand in Hartau statt. Die beiden Vizepräsidentinnen Mirella Ángyán und Mónika Takács haben abgedankt. Es gab drei Bewerbungen um die zwei Posten. Nach der Vorstellung der Kandidaten folgte die geheime Abstimmung. Die Vollversammlung hat Bettina Emmert (Baje) und Martin Surman-Majeczki (Hartian) zu Vizepräsidenten gewählt.
Drei Projekttage – Ein Thema: Das Ungarndeutschtum
Unter der Leitung und in Organisation von Dr. Maria Erb vom Ungarndeutschen Forschungs- und Lehrerbildungszentrum am Germanistischen Institut der ELTE in Budapest nahmen zwischen dem 2. und 4. November etwa 30 engagierte Lehramt- und Germanistikstudenten an Projekttagen teil. Im Freilichtmuseum von Sankt Andrä haben die Studenten über die Lebensweise, Einrichtung und Schicksal der Ungarndeutschen erfahren. Am zweiten Projekttag fanden im Wuderscher Jakob-Bleyer-Museum Vorträge rund um das Ungarndeutschtum statt. Für den dritten Projekttag waren unterschiedliche Programme im Totiser Ungarndeutschen Museum vorgesehen.